Kardinal im Schweigen

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Für Österreich brachte der Sommer 1986 die konservative Kirchenwende. Für ihn persönlich bedeutete 1986 das plötzliche Stehen im Rampenlicht. Seine Ära endete 1995 mit der heimischen Kirchenkrise: Hans Hermann Groers Schicksal ist tragisch, auch unter dem Aspekt seines Nicht-Verstehens der Entwicklungen.

Dabei schien es von der Warte jener, die für einen strammen Kirchenkurs in Österreich sorgen wollten, durchaus plausibel, den Wallfahrtsdirektor von Maria Roggendorf, der mit Ambition und Erfolg aus dem Weinviertler Dorf ein marianisches Zentrum gemacht hatte, an die Wiener Kirchenspitze zu hieven. Doch nicht nur die tief marianische, "kleine" Frömmigkeit Groers, die einen starken Kontrast zur weltkirchlichen Ausprägung der Ära Kardinal Königs darstellte, polarisierte die Kirche von Wien. Obwohl unter Groer Aktivitäten wie das Wiener Diözesanforum als positives Lebenszeichen der Kirche möglich waren, wurde sein Abgang durch die - von ihm nie kommentierten - Anschuldigungen sexueller Verfehlungen erzwungen. 1995 führte die "erste" Affäre Groer zum Rückzug als Erzbischof; Anfang 1998 folgte die weitere Eskalation, im Zuge derer die Bischöfe Weber, Schönborn, Eder und Kapellari die Anschuldigungen für berechtigt erklärten. Groer verließ Österreich daraufhin für einige Monate, im Herbst 1998 kehrte der kranke, verbitterte Purpurträger ins Zisterzienserinnenkloster Marienfeld im Weinviertel, das er selbst gegründet hatte, zurück. Dort begeht er am 13. Oktober den 80. Geburtstag.

Der Papst griff trotz Bitten aus Österreich in die Causa nicht klar ein, obwohl nur er hätte eingreifen können. Aus seiner Sicht dürfte der Fall dennoch "erledigt" sein, denn auch an einer Papstwahl kann sich der greise Kardinal wegen Erreichens der Altersgrenze nun nicht mehr beteiligen.

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