Kardinal Königs selbstverständliche Fragen

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Ein schlichtes Begräbnis hat sich Kardinal König gewünscht - und trotz aller Feierlichkeit, mit der sich Österreich, Wien und die Kirche von ihrem großen alten Mann im Stephansdom verabschiedeten, war es alles andere als ein pompöses Fest. Schlicht wie eindrucksvoll auch die Zeichen: Auf dem Liturgieheft der faksimilierte Satz aus Königs Testament "Mein Wunsch ist nur: an meinem Sarg die Osterkerze nicht zu vergessen!" Die Osterkerze - mitten in der Fastenzeit - blieb der einzige "Schmuck" beim Kupfersarg.

Beim Requiem war mit klassischer, volkstümlicher und moderner Kirchenmusik auch musikalisch ein weiter Bogen gespannt worden - eine Weite, die dem Geist des Verstorbenen mehr als angemessen erschien. Zu Beginn des eigentlichen Begräbnisses sang der Domchor einen irischen Segen - eine Hommage an des Kardinals Liebe zur englischen Sprache - bei den Worten "And until we meet again, May God hold you in the palm of His hand ("Und bis wir uns wiedersehn, halte Gott dich in seiner Handfläche") war die Abschiedstrauer im Dom mit Händen zu greifen.

Kurz zuvor hatte sich Bundespräsident Thomas Klestil mit einer kurzen Ansprache beim Verstorbenen bedankt: "Österreich trauert. Österreich betet. Österreich dankt."

Ein dreifaches Erbe Königs sprach Kardinal Christoph Schönborn in seiner Predigt beim Requiem an: "Das erste Erbe ist der Brückenschlag der Ökumene. Die heute hier anwesenden zahlreichen Vertreter der anderen christlichen Kirchen bezeugen, wie tragfähig die von Kardinal König gebauten Brücken sind. Schwierigkeiten haben ihn nie entmutigt. Wir werden diesen Weg weitergehen, getreu dem Motto von Kardinal König. Seine Offenheit für die anderen Christen und die anderen Religionen war stets getragen von seiner unbeirrbaren treuen Liebe zur Kirche, die auch in schweren Stunden nicht ins Wanken geriet."

Als Zweites nannte Schönborn, "wie kostbar die Brücken zwischen den gesellschaftlichen Kräften in unserem Land sind. Der Auftrag, den sein Erbe uns hinterlässt, ist nicht einfach nur ein Vertragt euch!', sondern der schwierige, aber notwendige Anspruch, das Verbindende über das Trennende zu stellen, das Gemeinwohl über die Einzelinteressen. Kardinal König hat das nicht nur für den gesellschaftlichen Dialog in Österreich, sondern auch auf europäischer Ebene vorgelebt."

Und als Drittes führte der Wiener Erzbischof das intensive Engagement Königs für den Schutz des Lebens an: Königs letztes großes gesellschaftspolitisches Engagement habe der humanen Sterbebegleitung in Österreich gegolten und dem Einsatz für eine verfassungsmäßige Verankerung des Verbotes der Euthanasie.

Zu Beginn des Requiems hatte Kardinaldekan Joseph Ratzinger ein Grußwort des Papstes überbracht, in dem er vor allem Königs Verdienste für die Öffnung des Eisernen Vorhangs sowie seinen einsatz für Wien als Begegnungsstadt würdigte.

Schlicht auch die Grabstätte Königs in der Gruft des Stephansdomes, wohin er nach dem Requiem in einem Kondukt, der über den Stephansplatz führte, gebracht wurde. In der obersten von drei Nischen steht der Sarg nun, davor wieder die brennende Osterkerze.

In dem von Annemarie Fenzl, Kardinal Königs Büroleiterin und Vertraute, gestalteten Büchlein für das Requiem finden sich - am Ende einer kurzen Biografie - die Fragen, die Kardinal König besonders in den letzten Jahren zum geistigen Brot geworden sind, und über die er in nimmermüder Neugier bis zuletzt nachdachte: "Woher komme ich? Wohin gehe ich? Und welchen Sinn hat mein Leben?" In beinahe jedes Gespräch, das sich um die großen Themen des Menschen drehte, hat König sie eingebracht.

Auch bei seinem letzten Gespräch mit der Furche - kaum vier Wochen vor seinem Tod -, waren diese Fragen wie selbstverständlich auf dem Tapet. Otto Friedrich

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