Kardinal Korec: Seinem Gewissen treu geblieben

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Er war ein Jahrhundertkardinal wie Franz König und personifizierte die bewegte Geschichte seines Landes im 20. Jahrhundert wie kein anderer. Am 20. Jänner 1924 in einer Arbeiterfamilie geboren, begegnete Ján Chryzostom Korec als 13-Jähriger Andrej Hlinka, dem Priesterpolitiker und Mentor von Jozef Tiso, dem Priesterpräsidenten des Slowakischen Staates im Zweiten Weltkrieg.

Mit 15 Jahren trat Korec in den Jesuitenorden ein, nach der Machtergreifung der Kommunisten in der Tschechoslowakei wurde er 1950 geheim zum Priester und mit 27 Jahren zum Bischof geweiht. Die "barbarische Nacht" vom 13. auf den 14. April 1950, in der alle Ordensleute festgenommen und in Sammellager deportiert wurden, hat Ján Chryzostom Korec mit seinem gleichnamigen Buch nach dem Sturz des Regimes weltweit bekannt gemacht.

Sein weiteres Leben war erfüllt von Wechselbädern. Nach achtjähriger Haftstrafe witterte er im "Prager Frühling" von 1968 Morgenluft; Papst Paul VI. überreichte ihm die Insignien, die er selber als Erzbischof von Mailand getragen hatte. Doch in die Heimat zurückgekehrt erwarteten den gesundheitlich Angeschlagenen zwei weitere Jahrzehnte eines gespaltenen Lebens: tagsüber als Arbeiter und abends als Seelsorger im Untergrund.

Nach der Wende von 1989 ernannte Papst Johannes Paul II. den 66-Jährigen zum Bischof von Nitra und kurz darauf als ersten Bischof der Slowakischen Kirchenprovinz zum Kardinal. Seine Amtsführung, die erst 2005 endete, war nicht unumstritten. Zwar hatte Korec 1987 eine Erklärung unterschrieben, die die Judenverfolgung im Slowakischen Staat verurteilte, scheute sich aber nicht, zu Jozef Tisos 50. Todestag eine Seelenmesse zu feiern. Christdemokraten und auch Bischofskollegen verstörte Korec durch seine Parteinahme für die Ministerpräsidenten Vladimír Me ciar und Robert Fico. An Me ciar schätzte er die Ausrufung der selbständigen Slowakischen Republik, an Fico darüber hinaus die soziale Gesinnung. Dass Fico trotz seiner Unterstützung nicht Staatsoberhaupt wurde, nahm der nun 90-Jährige ebenso in Kauf wie das Scheitern des Referendums für die Familie heuer im März. Mit Furor hatte sich Korec in seiner letzten Fernsehansprache für die traditionelle Ehe und Familie ins Zeug gelegt. In diesem einen Punkt stimmen alle, die an seiner Bahre stehen, überein: Er ist seinem Gewissen treu geblieben.

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