Kardinal Christoph Schönborn  - © Foto:Kanižaj Marija

Kardinal Schönborn über Würde und Schuld

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"Was ist Würde?“ fragte man beim Ethikimpuls der Grazer Elisabethinen anlässlich fünf Jahre VinziDorf-Hospiz. Zu Gast: Kardinal Schönborn.

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"Was ist Würde?“ fragte man beim Ethikimpuls der Grazer Elisabethinen anlässlich fünf Jahre VinziDorf-Hospiz. Zu Gast: Kardinal Schönborn.

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Beginnen wir mit dem Ende. Was „Sterben in Würde“ meint, hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch verschoben: War es zuvor das lebenssatte Ableben im Kreis der Familie, so haben die Debatten um assistierten Suizid die Autonomie in den Fokus gerückt. Doch wenn „Sterben in Würde“ für diese Situation gleichsam reserviert wurde – wird dann das ganz „normale“ Sterben würdelos? „Das dürfen wir nicht zulassen“, meinte Wiens Kardinal Christoph Schönborn Mittwoch vergangener Woche im voll besetzten Grazer Minoritensaal. Die Sorge sei groß, dass das Sterbe- wie auch das Geburtsthema von „einseitigen Vorstellungen von Würde“ überlagert werde.

Doch was ist überhaupt unter „Würde“ zu verstehen? Darüber sprach Schönborn beim „Ethikimpuls 2022“ der Grazer Elisabethinen (in Kooperation mit „Styria Ethics“) mit Elisabethinen-Geschäftsführer Christian Lagger. Anlass war das fünfjährige Bestehen des VinziDorf-Hospizes, das wohnungslosen Menschen dieses „Sterben in Würde“ ermöglichen soll. Hier wird darunter professionelle ärztliche Betreuung sowie mitfühlende Begleitung verstanden. Doch ansonsten ist „Würde“ – grundgelegt in Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte („Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren“) – ein schwer fassbarer Begriff.

Was „unwürdig“ ist, hat Christoph Schönborn jedenfalls selbst erlebt: als Kind geschiedener Eltern, das mitunter scheel angesehen wurde. Dabei sei die Würde des Menschen zutiefst im Christentum verankert, erklärt Schönborn mit Verweis auf den griechischen Philosophen Kelsos: Dieser habe die Christ(inn)en als Revolutionäre betrachtet, weil sie in Zeiten von Sklaven und Herren von einer Menschheitsfamilie mit gleicher Würde sprachen. „Das Christentum hat zwar die Sklaverei nicht beendet, dazu hatte es nicht die Macht. Aber es hat Veränderung gebracht“, meinte Schönborn: Paulus habe einen Sklaven zu seinem Herrn zurückgeschickt mit den Worten „Diene ihm wie Christus“ – und dem Herrn verordnet „Nimm ihn auf wie Deinen Bruder“. Durch die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus sei die Menschenwürde zudem universell festgelegt.

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