Katastrophe für die ÖKumene

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Zurzeit kann ein Westkirchler nur staunend bis grimmig beobachten, was sich nach dem Bruch zwischen Moskau und Konstantinopel bei den Ostkirchen abspielt. Eine ökumenische Katastrophe sind die Vorgänge allemal, ein Zerfall des kirchlichen Ostens kann auch den (schon lang zerfallenen) kirchlichen Westen nicht kalt lassen.

Befremdlich scheint da einmal die Tatsache, dass in den derzeitigen Konflikten jurisdiktionelle Probleme und Glaubensfragen völlig vermischt erscheinen bzw. die Tatsache, dass die Jurisdiktion jedenfalls aus Moskauer Sicht eine zentrale Glaubensfrage darstellt. Es gibt keinen Streit um Taufe, Beichte, Eucharistie etc., sondern darum, wer in der Ukraine kirchlich das Sagen haben soll. Und weil das Ökumenische Patriarchat da die ukrainische Selbstständigkeit erklärt hat, hat Moskau (zumindest vorerst) alle Glaubensbrücken zu Konstantinopel abgebrochen. Das ist auch in ökumenischer Perspektive -gelinde gesagt - nicht auf der Höhe der Zeit.

Dazu kommen Gespenster aus der Vergangenheit, die auch Europa politisch wieder heimsuchen: Die Verfasstheit der Orthodoxie ist anfällig für Nationalismus und Partikularismus, und die Verquickung jeweiliger Landeskirchen mit der herrschenden macht ist nicht zuletzt in Putins Russland unübersehbar. Aber eben nicht nur dort. Zusätzlich sucht Moskau ja auch den Trumpf der normativen Kraft des Faktischen auszuspielen: Hinter dem im Istanbuler Phanar lozierten Ökumenischen Patriarchat stehen großeGeschichteundTraditionundgleichzeitig die völlige, auch zahlenmäßige Marginalisierung der Orthodoxen in der heutigen Türkei. Immer noch wartet der Phanar etwa auf die Wiedereröffnung des orthodoxen Priesterseminars auf Chalki, die vom türkischen Staat 1971 geschlossen wurde.

Die gegenwärtige Politik einer zumindest versuchten Allianz zwischen Zar und Sultan -sprich: Putin und Erdogan -verheißt da nichts Gutes für den Phanar und könnte die Gelüste des Moskauer Patriarchats befördern, die Führung der Weltorthodoxie zu übernehmen, die bis jetzt als Primus inter pares dem Ökumenischen Patriarchen zukommt. Derartige Entwicklung wäre aber nicht nur in ökumenischer Hinsicht fatal.

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