Kein "glatter" Dialog

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Er ist Salzburgs erster afrikanischer Universitätsprofessor: Claude Ozankom lehrt am neu gegründeten Institut "Theologie Interkulturell" .

Egal wie man zu anderen Religionen steht: Sie sind für andere Menschen Wege zum Heil", sagt der Religionswissenschaftler, Fundamentaltheologe, Ökumeniker und Philosoph Claude Ozankom im Gespräch mit der Furche. Ausgehend vom Zweiten Vatikanum ergebe sich die Notwendigkeit, "zusammenzuwirken, damit die Welt ein menschliches Gesicht bekommt". Dazu sei es nötig, einander zu verstehen: "Die außereuropäischen Kulturen werden vielfach von nichtchristlichen Religionen geprägt. Religion gehört zur Identität des Menschen. Die Religion eines Menschen ernst nehmen, heißt, dass man seine Identität ernst nimmt", betont Ozankom. Interreligiöser Dialog bedeute vor diesem Hintergrund, "wahr zu nehmen, dass es verschiedene Religionen gibt; weder das Andere vereinnahmen noch das Eigene aufgeben und die Vielfalt als Reichtum annehmen. Wichtig ist es, voneinander zu lernen und zu fragen, was können wir miteinander tun."

Partner oder Konkurrenten?

Interreligiöser Dialog ist, so Ozankom, eine Notwendigkeit: "Es geht heute nicht mehr anders. Allein Salzburg hat sieben Moscheen. Eine Stadt wie London ist noch bunter. Die Religionen der Welt sind vor unserer Haustür. Sie können Konkurrenten auf dem Markt der Sinnangebote sein." Daher sei die Angst vor Fragmentierung oder Relativierung des Eigenen nachvollziehbar. Tatsächlich sei die Situation heute "etwas schwieriger", meint Ozankom. Aber: "Wir können unseren Diskurs, unseren Glauben und unsere Hoffnung artikulieren und dazu stehen. Pluralismus der Religionen hat es immer gegeben. Nur ist heute alles näher."

"Schwierig ist der Dialog dann, wenn jemand zu nichts steht", sagt Ozankom. "Mit einem Atheisten dagegen kann man wunderbar streiten!" Das wichtigste Vorverständnis im Dialog der Religionen: "Das Interesse, das uns leitet, wenn man in den Dialog tritt, muss da sein! Es kann dann bei einzelnen Aspekten durchaus herauskommen Das ist jetzt nicht kompatibel'. Das muss man auch zugeben können", betont der Theologe. "Wichtig ist, dass man Gegensätze anspricht, akzeptiert und nicht glättet. Friede, Freude, Eierkuchen ist kein Dialog. Die Unterschiede dürfen nicht unter den Teppich gekehrt werden. Man muss dem Anderen auch sein Anderssein lassen."

Gemeinsam stünden alle Religionen heute etwa unter dem Diktat der Globalisierung. "Wichtig wäre es, hier gemeinsam konkret zu fragen: Was können die Religionen dazu beitragen, dass die Globalisierung nicht zum Fluch wird", schlägt Ozankom vor. "Globalisierung darf nicht nur ökonomisch gesehen werden. Denken Sie nur an die Kritik Jesu am Mammon!" Die Globalisierung selber habe kein Ziel, es müsse aber ein Ziel sein, dass es vielen Menschen gut geht. "Und das setzt eine soziale Globalisierung voraus", betont er.

Die Religionen sollten dabei nicht nur kritisieren, sondern mitarbeiten und aufzeigen, dass Globalisierung auch etwas bringen kann, wenn sie human gestaltet wird. "Religion muss wie ein Stachel des Gewissens sein und immer fragen: Ist es gerecht, ist es human, was da gemacht wird". Die katholische Kirche, die weltweit Einfluss habe, könne von Menschen in bestimmten Positionen verlangen, dass noch mehr auf die Globalisierungsverlierer aufmerksam gemacht werde.

Wegweisende Gründung

"Ich versuche Einblick in nicht-europäische Theologien zu vermitteln und zu zeigen, dass Kirche wirklich eine Weltkirche ist." Mit dem 45-jährigen, aus dem Kongo stammenden Theologen und Philosophen Ozankom lehrt an der Katholisch-theologischen Fakultät Salzburg erstmals ein afrikanischer Professor.

Gründungs-Institutsvorstand des Institutes für "Theologie Interkulturell und Studium der Religionen" an der Salzburger Theologischen Fakultät ist der Alttestamentler Friedrich Reiterer, der Fachprofessor ist Claude Ozankom, die Assistentenstelle ist mit dem nigerianischen Dogmatiker Chibueze Udeani besetzt.

Die Schwerpunktbildung an der Theologischen Fakultät begann bereits in den frühen neunziger Jahren - wie auch die Liste namhafter Gastprofessoren zeigt: Francis d'Sa, Indien: Indische Theologie, Sommersemester 1993; Haruko Okanu, Japan: Buddhismus als Herausforderung für westliche Theologen, Sommersemester 1996; Hartmut Bobzin, Erlangen: Islam, Sommersemester 1999.

In Folge der Diskussion um die Schwerpunktbildung an den Universitäten aufgrund des neuen Universitätsgesetzes wurde die Zahl der Institute an der Theologischen Fakultät Salzburg von zwölf auf sechs reduziert. Neu gegründet wurde das Institut für "Theologie Interkulturell und Studium der Religionen", berichtet Institutsvorstand Reiterer und erinnert sich: "Im März 2001 sind wir vor der Aufgabe gestanden, von den leeren Räumen an ein Ins- titut aufzubauen."

Das Fach "Theologie Interkulturell und Studium der Religionen" ist eine "pluridimensionale" Disziplin. Zu ihrer Aufgabe ge- hört es erstens, zentrale Themen christlicher Theologie - wie etwa Gotteslehre, Ekklesiologie oder Christologie - in interkultureller, in interreligiöser und interkonfessioneller Perspektive zu bearbeiten. Aufgrund dieser Aufgabenstellung gehört das neue Fach in den Bereich der Systematischen Theologie.

Zweitens besteht eine enge Verbindung zur Bibelwissenschaft und zur Religionsgeschichte. Auch hier geht es darum, die Grundlagen (Bibel, Koran...) und die Geschichte der jeweiligen Religion in den verschiedenen Epochen, Kulturen und Gesellschaften sowie ihre Wirkungsgeschichte zu untersuchen.

Drittens ist "Theologie Interkulturell und Studium der Religionen" der Praktischen Theologie verpflichtet. Das Fach stellt die Frage nach den praktischen Aspekten der Religionsausübung und sucht Perspektiven für ein gelingendes Zusammenleben in den multireligiösen und multikulturellen Gesellschaften im gegenwärtigen Zeitalter aufzuzeigen.

Salzburger Hochschulwochen

Die diesjährigen Salzburger Hoch- schulwochen finden - vom 4. bis 10. August - unter dem Titel "Identität und Toleranz - Christliche Spiritualität im interreligiösen Kontext" statt: So könnte auch ein Kernthema des neuen Salzburger Instituts lauten. Folgerichtig, dass Claude Ozankom und Friedrich Reiterer auf den Hochschulwochen Vorlesungen zu interreligiöser Spiritualität und zum interreligiösen Dialog anbieten.

Salzburger Hochschulwochen 2003:

Identität und Toleranz - Christliche Spiritualität im interreligiösen Kontext

Mit Jürgen Werbick/Münster, Ottmar Fuchs/Tübingen, Gerd Neuhaus/ Bochum, Perry Schmidt-Leukel/Glasgow, Claude Ozankom und Friedrich Reiterer/ Salzburg, u.a. Festvortrag am 10. August: Altbischof Reinhold Stecher/Innsbruck.

Zeit: 4. bis 10. August

Ort: Kath.-Theol. Fakultät Salzburg.

Information: Salzburger Hochschulwochen, Tel. 0662/842521-111, www.salzburger-hochschulwochen.at

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