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Das "Ökumenische Sozialwort der Frauen" legt die Schwächen des kirchlichen "Sozialberichtes" offen und bietet konstruktive Lösungsvorschläge an. von

Sechs Seiten: So viel Platz wurde dem Sonderkapitel Frau im "Sozialbericht" der Kirchen eingeräumt, der im September 2001 veröffentlicht wurde und als Meilenstein auf dem Weg zum gemeinsamen "Sozialwort" von 14 christlichen Kirchen in Österreich gilt.

Sechs Seiten - für viele Frauen ein Hohn. Vor allem die Tatsache, dass die frauenspezifischen Probleme und Anliegen in einem eigenen Kapitel behandelt und nicht in allen Themenbereichen verankert wurden, stieß auf Kritik - und gab für das Ökumenische Forum Christlicher Frauen in Österreich (ein ökumenischer Zusammenschluss christlicher Frauenorganisationen) den Ausschlag, initiativ zu werden. So trafen sich im März dieses Jahres knapp 40 Expertinnen unterschiedlicher Fachgebiete sowie Vertreterinnen katholischer und nicht katholischer Frauenvereinigungen in Wien zu einer "Frauenkonsultation" (vgl. Furche 11, 14. März 2002).

Frausein sei kein Sonderfall, betonten die Teilnehmerinnen. Schon allein deshalb müssten die Probleme und Anliegen von Frauen jegliches Sonderkapitel sprengen. "Wir wollten vor allem darauf hinweisen, dass die Frauenfrage eine Querschnittsmaterie ist", beschreibt Michaela Moser, gemeinsam mit Monika Heitz Nationalkoordinatorin des Ökumenischen Frauenforums, das Hauptanliegen der Konsultation. Ziel war es vor allem, die Anliegen und Lösungsansätze von Frauen auf vielfältigen Gebieten - von Armuts- und Arbeitsfragen über Gewalt, Menschenrechte, Ökologie und Entwicklungszusammenarbeit bis hin zu Demokratie, Bildung und Medien - zu bündeln und damit einen profunden Beitrag im Entstehen des gemeinsamen Sozialworts der Kirchen zu leisten.

Das so entstandene und vom Ökumenischen Frauenforum herausgegebene "Ökumenische Sozialwort der Frauen" liegt mittlerweile als knapp 40-seitiges Dokument vor - und legt so manche Wunden offen: "Eine Frau muss durchschnittlich 51 Stunden arbeiten, um dasselbe Gehalt zu bekommen wie ein Mann mit 40 Stunden", konstatiert etwa die Ökonomin und Armutsforscherin Karin Heitzmann von der Wirtschaftsuniversität Wien. "Immer noch klafft die Einkommensschere zwischen den Geschlechtern eklatant auseinander, zudem werden Frauen auch vom Sozial- und Pensionssystem krass benachteiligt", lautet die entsprechende Anklage im Vorwort des "Ökumenischen Sozialworts der Frauen". Gerade im Bereich "Verteilungsgerechtigkeit" offenbare der "Sozialbericht" seine Lücken, kritisiert Heitzmann: Obwohl bei Frauen das Risiko, materiell arm zu sein, im Vergleich zu Männern um durchschnittlich ein Drittel höhere liege, scheine die Kategorie Geschlecht im Kapitel "Armut" des Sozialberichts nicht auf. "Die Ergebnisse der Armutsforschung zeigen aber eindeutig auf, dass Armut weiblich ist", stellt die Ökonomin fest.

Gefordert wird vor allem eine gerechtere Verteilung bezahlter und unbezahlter Arbeit. Voraussetzung dafür sei unter anderem eine allgemeine Erwerbsarbeitszeitverkürzung, so Heitzmann. Hinsichtlich der baldigen Umsetzung solcher Forderungen machen sich die Frauen allerdings keine Illusionen: "Realpolitisch ist in Österreich eine allgemeine Erwerbsarbeitszeitverkürzung sicher nicht realistisch", erklärt Michaela Moser.

Beim Stichwort "Ehrenamt" werden die herrschenden Ungerechtigkeitsverhältnisse besonders manifest - auch im kirchlichen Bereich, kritisiert die Sozialwissenschafterin Astrid Winkler in ihrem Beitrag zum "Frauensozialwort": "Immer wieder zeigte sich hier in den Studien eine hohe Tendenz zur Selbstausbeutung"."Es ist wichtig, dass es in den Kirchen nicht bei leeren Worten bleibt, sondern dass ehrenamtliche Arbeit die entsprechende Aufmerksamkeit und eine gewisse Form von Anerkennung bekommt", erklärt Michaela Mo-ser. Alois Riedlsperger, Leiter der Katholischen Sozialakademie Österreichs und Mitglied in der fünfköpfigen Steuerungsgruppe des "Projektes Sozialwort", stößt ins selbe Horn: "Wichtig ist das Eingeständnis dieser ,Falle' bei ehrenamtlichen Tätigkeiten, um nicht immer wieder hineinzutappen."

Die Vorbildwirkung der Kirchen wird nicht nur beim Ehrenamt, sondern auch bei der Partizipationsmöglichkeit von Frauen an Entscheidungen gefordert - wobei hier die römisch-katholische Kirche das größte Glaubwürdigkeitsproblem habe, erklärt Moser. "Doch auch hier gibt es - abgesehen vom Priesteramt - viele Bereiche, wo noch etwas getan werden kann." Ähnlich schätzt Riedlsperger die Lage ein: "In der katholischen Kirche schöpft man die vielen Beteiligungsmöglichkeiten noch nicht aus", erklärt er. Freilich gebe es bezüglich der Teilnahme an kirchlichen Ämtern innerhalb der christlichen Kirchen unterschiedliche Positionen, wo kein kleinster gemeinsamer Nenner möglich sei. "Wechselseitiges Lernen der christlichen Kirchen" könne in diesem Bereich jedoch hilfreich sein.

Das "Ökumenische Sozialwort der Frauen" hält Riedlsperger jedenfalls für eine "wichtige Wortmeldung" und für eine "beispielhafte Form der Beteiligung am Diskussionsprozess". Wie sehr das Papier tatsächlich das "Sozialwort" prägen wird, wagt er jedoch nicht zu prophezeien. Nicht zuletzt müssen die 14 Kirchenleitungen das Dokument am Ende absegnen.

Ungewiss ist schließlich auch der Zeitpunkt, an dem die christlichen Kirchen gegenüber der heimischen Politik ihre gemeinsame Stimme zu sozialen Fragen erheben - nicht zuletzt wird im Herbst 2003 gewählt. "Wir werden diesbezüglich sehr verantwortungsbewusst umgehen", stellt Riedlsperger in Aussicht. "Und wir werden uns fragen, wann ein solches Wort hilfreich ist."

Informationen zum "Ökumenischen Sozialwort der Frauen" und zu allen anderen Stellungnahmen zum "Sozialwort der christlichen Kirchen" unter: www.sozialwort.at

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