Keine Dramatik aufkommen lassen

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Christdemokratie steht nicht für konfessionelle Bindung, sondern für einen ethischen Anspruch in der Politik.

Es kann wohl tatsächlich als die Kernkompetenz eines guten Politikers gelten, sein Land zu lieben - freilich unter der Voraussetzung, dass die Nennung des Landes seine Menschen, seine Kultur und seine Vielfalt meint. "Man sieht nur mit dem Herzen gut", sagt der Fuchs zum Kleinen Prinzen - und nur ein Politiker, der die Potentiale seines Landes sieht, kann ihm Perspektiven öffnen.

Welche anderen Einstellungen und Qualitäten sollen von einem guten Politiker erwartet werden? Einer der großen Baumeister des freien, friedlichen Europa, Robert Schuman, hat drei "Prinzipien für den christlichen Politiker" formuliert:

* die Schläge, die man bekommt, nicht zurückgeben;

* einen gewissen Humor bewahren und

* zu "entdramatisieren".

Das Dramatisieren ist leider wesentlicher Teil der politischen Kultur in Europa. Die künstliche Hochstilisierung von Sachmaterien zu Dramen betreibt mancher Populist mit Methode, wird von einem großen Teil der Medienlandschaft gefordert und gefördert und zu viele Politiker aller Couleurs passen sich diesen Bedingungen an. Das Dramatisieren schadet der Demokratie. Es verschleiert Sachverhalte, statt sie zu klären. Es schürt Ressentiments, statt für Dialog zu sorgen. Es stiftet Konflikt, statt Harmonie.

Neben der Überlegung, welche Maximen für Politiker gelten sollen, stellt sich die Frage: Welcher politische Stil, welche Strukturen und welche Grundsätze sind es, die für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts adäquate Herangehensweisen ermöglichen? Christlich geprägte Grundwerte schränken politischen Handlungsspielraum nicht ein, sondern ermöglichen Offenheit gegenüber einem breiten Spektrum von Interessen und Sichtweisen; sie bieten auf Grund der Orientierung an Vernunft, Sachlichkeit und Gemeinwohl ein gutes Maß an pragmatischem Zugang. Christdemokratie steht nicht für konfessionelle Bindung, sondern für einen ethischen Anspruch in der politischen Arbeit.

Noch sind die Strukturen der etablierten Parteien kaum geeignet, kreative Lösungsansätze für mittel- und langfristig relevante Themen zu stimulieren. Solche sind etwa die Schaffung einer positiven Globalisierung, die Bewältigung der demografischen Entwicklung (durch mehr Kinderfreundlichkeit und durch als Bereicherung begriffene Zuwanderung) oder der radikale Wandel der Arbeitswelt. Diese Fragen und auch die Abläufe in einer modernen Gesellschaft brauchen Beteiligungsmöglichkeiten für Menschen, die wenig Zeit, aber gute Ideen haben. Parteien, die Zukunft haben wollen, müssen daher jenseits von Parteifunktionen punktuelle, projektorientierte Mitarbeit ermöglichen. CDU, CSU und ÖVP haben diesen Weg beschritten.

Demokratie im engeren Sinn ist eine Entscheidungstechnik. Diese funktioniert nur dann gut, wenn die Akteure unbedingte Wertschätzung für den anderen, Bereitschaft zu Dialog und persönlich empfundene Solidarität mitbringen. Diese Grundüberzeugungen sind ethische Prinzipien, die aus christdemokratischer Überzeugung erwachsen können. Bürgerlich-liberale, wertkonservative, christdemokratische Kräfte haben die Voraussetzungen, ein zeitgemäßes, zukunftsorientiertes Angebot zu entwickeln.

Der Autor ist Mitglied des Bundesvorstands der Jungen ÖVP. (www.lukas.mandl.com)

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