Kindergarten - schwarzweiss

Werbung
Werbung
Werbung

Rainer Nikowitz, Großmeister des Witzes im Profil, ist letztens unerwartet ernst geworden. In der Flüchtlingsdebatte sei uns etwas Wesentliches abhanden gekommen, klagte er: das Grau - also jene differenzierte Haltung, die der Tatsache Rechnung trägt, dass die Welt nicht nur aus Schwarz und Weiß besteht, sondern reich an Schattierungen ist.

Wie sehr die momentane Polarisierung bereits die Gesprächskultur vergiftet hat, zeigt auch der jüngste Schlagabtausch um "islamische Kindergärten". Hier ein gerüttelt Maß an Realitätsverweigerung seitens der Stadt Wien ("Es gibt keine islamischen Kindergärten!" - © Stadträtin Frauenberger, SPÖ), dort ein Integrationsminister (ÖVP), dessen Sympathie für eher simple, aber populäre Lösungen (achtstündige Wertekurse!) bedenklich wächst und dem eine "Vor-Studie" an einer Handvoll Kindergärten in muslimischer Trägerschaft genügt, um medial Alarm zu schlagen.

Ja, es gibt in manchen Einrichtungen muslimischer Betreiber offenbar Probleme; aber nein, die Stichprobe des Islamwissenschafters Ednan Aslan ist keine ausreichende Grundlage, um das Ausmaß des Problems seriös einschätzen zu können - geschweige denn, die generelle Schließung islamischer Kindergärten zu fordern, wie dies da oder dort geschieht.

Kinder - auch muslimische - haben ein Recht auf religiös sensible Erziehung, wie FURCHE-Kolumnist Mouhanad Khorchide richtig betont. Ist sie von einer positiven Lebenseinstellung und Offenheit gegenüber anderen Weltanschauungen getragen, bietet sie den besten Schutz vor späterer Radikalisierung im Namen einer pervertierten, kulturlosen Religion.

Von konfessionellen Anbietern muss man aber entsprechende Transparenz und Qualität verlangen können. Die katholische St. Nikolausstiftung zeigt mit ihrem "Religionspädagogischen BildungsRahmen-Plan", wie es gehen kann. Ähnliches müsste nun auch die Islamische Glaubensgemeinschaft erarbeiten, um jedem Generalverdacht den Boden zu entziehen. Strengere Kontrollen als "unmenschlich" zu qualifizieren, wie dies Präsident Fuat Sanaç getan hat, dreht hingegen die Polarisierungsspirale nur eine Windung weiter.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung