Agape - Jugendliche beim gemeinsamen Teilen und Essen von Fladen-Brot.<br />
Fest für Jesus.<br />
Wien, Stephansplatz, 16.6.2001. - © Franz Josef Rupprecht

Kirche: Sonntagsgottesdienst trotz Priestermangel mit Agape selbst gestalten

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Ein Vorschlag, wie ein Gemeinschaftsmahl in priesterlosen Gemeinden aussehen könnte - und was die Kirche aus dieser Situation lernen sollte.

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Ein Vorschlag, wie ein Gemeinschaftsmahl in priesterlosen Gemeinden aussehen könnte - und was die Kirche aus dieser Situation lernen sollte.

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Nach Punkt 4 des "Aufrufs zum Ungehorsam“ der Pfarrer-Initiative soll künftig ein "Wortgottesdienst mit Kommunionspendung“ als "priesterlose Eucharistiefeier“ angesehen und auch so genannt werden, damit auf diese Weise "die Sonntagspflicht in priesterarmer Zeit“ erfüllt werden kann. Diese Namensgebung entspricht jedoch nicht den Tatsachen, weil die Kommunionspendung in einer solchen Feier die Fortsetzung oder Erweiterung der Kommunion einer vorhergehenden Messfeier ist, die von einem Amtspriester geleitet wurde.

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Es gibt aber noch eine andere Antwort auf die Frage, wie Gemeinden, die am Sonntag wegen des Priestermangels nicht Eucharistie feiern können, dennoch in einer zwar nicht gleichwertigen, aber vergleichbaren Weise an ihren Wortgottesdienst ein Mahl anschließen könnten: indem sie eine liturgische Agapefeier halten, ein "Liebesmahl“, bei dem Brot und Wein (oder/und ein anderes Getränk) in Gebeten gesegnet und dann geteilt werden als Symbol für das von Gott geschenkte Leben und die von ihm durch Christus gestiftete Gemeinschaft (nicht gleichzusetzen mit dem gelegentlich ebenfalls "Agape“ genannten Beisammensein nach einer Messfeier). Auch dabei ist Jesus gegenwärtig nach seinen Worten: "Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“ (Mt 18,20).

Solche Agapefeiern gab es schon in der apostolischen Zeit. Sie wurden in der frühen Kirche als Sättigungsmähler gestaltet, es wurden also außer dem gesegneten Brot und Wein weitere Speisen und Getränke eingenommen, und dabei wurde im Sinn der Caritas mit den Armen geteilt. Wie am Tadel des Paulus an den Christen in Korinth erkennbar ist (1 Kor 11,20-34), konnten in den frühen Gemeinden auch die Eucharistiefeiern in ein Sättigungsmahl integriert sein, doch sie wurden schon bald von diesem getrennt.

Symbolisches Mahl statt Eucharistiefeier

So könnten auch heute Gemeinden ihre Gottesdienste mit Agapefeiern gestalten, ohne diese mit einem vollständigen Essen zu verbinden. Sie wären eine Alternative zur Eucharistiefeier, falls diese wegen des Priestermangels nicht möglich ist. Obwohl ein solches symbolisches Mahl nicht mit dem Sakrament der Eucharistie gleichgesetzt werden kann, ist es ein ganzheitlicher und feierlicher Vollzug christlichen Gemeindelebens und ergänzt den Wortgottesdienst durch eine Zeichenhandlung, die für die Kommunikation der Gläubigen mit Gott und untereinander wichtiger ist als Worte allein. Sie könnte auch helfen, die Kommunion in der Eucharistie besser als Gemeinschaftsmahl - nicht nur als "Abspeisung“ Einzelner - zu verstehen.

Urkirche - Agapefeiern gab es schon in der frühen Kirche als Sättigungsmähler: Es wurden also außer dem gesegneten Brot und Wein weitere Speisen und Getränke eingenommen, und dabei wurde im Sinn der Caritas mit den Armen geteilt. - © Istockphoto
© Istockphoto

Agapefeiern gab es schon in der frühen Kirche als Sättigungsmähler: Es wurden also außer dem gesegneten Brot und Wein weitere Speisen und Getränke eingenommen, und dabei wurde im Sinn der Caritas mit den Armen geteilt.

Im Unterschied zu einer solchen liturgischen Agape wird die Eucharistie immer in Einheit mit der ganzen Kirche gefeiert, wie es im Hochgebet ausdrücklich formuliert wird, also nicht in einer Gemeinde von dieser allein. Durch die Vermittlung der Gesamtkirche ist sie ein sichtbares Zeichen der Verbundenheit mit Jesus Christus bei seinem Abschiedsmahl, das auch einer Agapefeier ähnlich war. Sie ist eine Vergegenwärtigung des Abendmahls Jesu, in dem er das Brot und den Kelch als sichtbare Zeichen seiner bleibenden Gegenwart und Liebe sowie des durch seine Hingabe gestifteten neuen Bundes mit Gott eingesetzt hat.

Amtspriester als Verbindungsglieder zur Weltkirche

Wegen der Notwendigkeit dieser durch die Kirche vermittelten Rückbindung an das Abendmahl Jesu sowie wegen ihrer gesamtkirchlichen Relevanz als Sakrament der Einheit des Leibes Christi erfordert die Eucharistiefeier eine authentische Einbindung der feiernden Gemeinde in die gesamte Kirche, die konkret durch ein vom Bischof im Namen der Kirche ordiniertes und beauftragtes Verbindungsglied gegeben ist und wirksam wird. In dieser Verbindungsaufgabe und -vollmacht - nicht in einer Weihe zum "Stellvertreter Christi/Gottes“ im Gegenüber zur Gemeinde - besteht das Wesen des amtlichen Priestertums innerhalb des gemeinsamen Priestertums aller Gläubigen, das nach dem Neuen Testament das grundlegende ist (1 Petr 2,5-10). Die Amtsträger werden dort Ältere oder Aufseher genannt.

Es braucht eine radikale Neuausrichtung hin zu einer Kirche von geschwister lichen Gemeinden des gemeinsamen Priestertums. Das wurde auch vom letzten Konzil noch nicht erkannt.

Allerdings setzt dieses eigentliche Priestertum im Glauben mündige Christinnen und Christen voraus, die in ihren Gemeinden Zeichen und Werkzeug des priesterlichen Wirkens Christi und einander Hirtinnen und Hirten sind (die jetzige Praxis von Taufe und Firmung genügt dafür nicht). Die Bischöfe, die wegen des Priestermangels Pfarrgemeinden nach der Zahl der noch vorhandenen Priester zu größeren Seelsorgeeinheiten zusammenlegen, aber auch die Pfarrer-Initiative, die durch eine Änderung der Zulassungsbedingungen mehr Priester im jetzigen Verständnis gewinnen will (wobei offen bleibt, wie viele "bewährte“ Männer oder Frauen dazu bereit wären und wer über ihre Eignung entscheiden soll), reagieren in ungenügender Weise auf das Symptom einer tieferen Krise.

Eine von amtlichen Priestern betreute "Herde“ von Gläubigen entspricht nicht dem Neuen Testament, ist den Herausforderungen der Gegenwart nicht gewachsen und war schon bisher eine Überforderung der ordinierten Amtsträger. Es braucht eine radikale Neuausrichtung hin zu einer Kirche von geschwisterlichen Gemeinden des gemeinsamen Priestertums. Das wurde vom letzten Konzil noch nicht erkannt. Agapefeiern könnten ein Schritt dorthin sein.

Der Autor ist Doz. f. Pastoraltheologie in Innsbruck

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