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Am 3. April wäre Hildegard Holzer 100 Jahre alt geworden. Mit "schlauer Widerstandsfähigkeit" kämpfte sie in der Kirche für die Frauen.

Das 20. Jahrhundert hat in der Kirche viele Veränderungen gebracht. Hinter diesen Entwicklungen stehen Menschen mit ihren Lebensgeschichten, ihrer Berufung, ihren Visionen, ihren Bemühungen, ihren Tränen - Tränen der Wut, der Enttäuschung, der Freude. Manches, was heute als Selbstverständlichkeit gilt, wurde auch unter solchen Tränen errungen, erbetet, erreicht.

"Die mit Tränen säen, werden mit Jubel ernten." Dieser Psalmvers wurde beim Begräbnis einer jener Frauen gesungen, deren Lebensenergie in die Ecclesia reformanda investiert war: Hildegard Holzer (1904-95). Sie war eine der treibenden Kräfte hinter der Festigung der Berufstätigkeit von Frauen in der Seelsorge und später eine der Pionierinnen der Altenseelsorge in Österreich. Anlässlich ihres 100. Geburtstages (3. April) lohnt es sich, an sie zu erinnern.

Als sie ihr Lebenswerk, das Seminar für kirchliche Berufe (damals: Frauenberufe), 1945 aus der Taufe hob, war Hildegard Holzer bereits 41 Jahre alt und hatte ein gutes Dutzend Jahre im kirchlichen Dienst hinter sich. 1932 war die ausgebildete Fürsorgerin und promovierte Staatswissenschaftlerin vom Jugendamt in die kirchliche Jugendarbeit gewechselt. Diese berufliche Veränderung verdankte sie ihrer Prägung durch den Bund Neuland und einem lebensbestimmenden Gespräch mit dem Moral- und Pastoraltheologen Michael Pfliegler: Dabei wurde ihr ein für allemal klar, dass Seelsorge nicht den Priestern, nicht den Männern, allein überlassen werden darf, sondern ebenso die Kräfte der Frauen braucht.

Nicht Männern überlassen

Die Anerkennung dieses Beitrags der Frauen in der Pastoral wurde in der Folge Holzers zentrales Anliegen. Wichtigstes Medium dafür wurde ihr Engagement für den damals noch recht jungen Beruf der Seelsorgehelferinnen. Für sie gründete Hildegard Holzer das Seminar für kirchliche Berufe in Wien und war bis Sommer 1968 war Leiterin dieses Instituts, das in dieser Zeit nur Frauen aufnahm.

Denn die Seelsorgehilfe war bis in die siebziger Jahre ein rein weiblicher Beruf. Erst danach und vor allem durch die Laientheologen wurde daraus der pastorale Beruf der Pastoralassistenten und -assistentinnen, den heute beide Geschlechter ausüben. 1945 steckte die Berufstätigkeit von Laien in der Seelsorge noch in den Kinderschuhen. Zwar gab es seit den zwanziger Jahren einzelne Frauen, die ihr Engagement in den Pfarren, in Seelsorge und Caritas zu ihrem Beruf machten und dafür recht und schlecht vom Pfarrer aus den Mitteln der Pfarre bezahlt wurden. Ein kirchlich geregelter Berufsstand wurde daraus aber erst unter der Federführung von Hildegard Holzer.

Anerkennung für die Frauen

Über 30 Jahre lang setzte sich Hildegard Holzer für die Anerkennung, Konturierung, strukturelle Absicherung dieses Berufes ein. Zunächst ging es neben einer guten Ausbildung um einheitliche Dienstverträge, gesichertes Einkommen, geregelte Arbeits- und Urlaubszeiten etc. In all dem sah Holzer klare Zeichen dafür, ob die kirchliche Hierarchie die Frauen in der Seelsorge wirklich wahrnehmen, anerkennen und fördern wollte. "Die Kirche muss den Dienst der Frauen anerkennen wie den Dienst der Männer!" So lautete ihr Credo.

Dabei ging es ihr nicht primär um die Festigung irgendeines pastoralen Dienstes, sondern eben um die Sicherung, Förderung und Ausgestaltung der Tätigkeit von Frauen in diesem Berufsfeld. Diese Frauenarbeit sah Holzer in gewisser Weise parallel zur Tätigkeit der Priester, als eine Art Amt sui generis, als den spezifischen weiblichen Beitrag zur amtlichen Seelsorge. Blickpunkt war für sie dabei weniger ein emanzipiertes oder frauenrechtliches Anliegen als die Überzeugung, dass die Kirche um ihrer eigenen Sendung willen die Frauen ernster nehmen und mehr zum Zug kommen lassen muss.

Dieser Kirche war Hildegard Holzer treu und zutiefst verbunden und stellte ihre Strukturen auch nie grundsätzlich in Frage. Zugleich war sie leidenschaftlich dafür im Einsatz, Frauen mehr Raum und Möglichkeiten in dieser Kirche zu verschaffen und stellte sich Frauenverachtung und klerikalem Hochmut vehement entgegen. Obwohl sie eine Feministin in unserem heutigen Sinne wohl nicht war, können wir uns dennoch heute noch von ihrem Mut, ihrer Klugheit und ihrer Spiritualität inspirieren lassen.

Und schlaue Widerstandsfähigkeit war von Hildegard Holzer mehr als einmal gefordert, denn Schwierigkeiten auf dem Weg gab es genug: Frauenarbeit war ja schön und gut, aber kosten sollte sie nichts. An Lippenbekenntnissen zur Wichtigkeit des Beitrags der Frauen zur Seelsorge fehlte es nicht, konkrete Taten und strukturelle Entwicklungen in diesem Sinne musste Holzer zäh ausverhandeln. So war auch Finanzierung und Bestand des Seminars immer wieder unsicher. Holzer blieb zugleich wagemutig und ausdauernd, anpassungsfähig und widerständig.

Ihren Einsatz trug u.a. ein Frauenbild, das Frausein als Stärke betonte und das Frauen nicht auf bestimmte Verhaltensweisen, Eigenschaften und Tätigkeitsfelder eingeschränkt sah. Jede Frau sollte sich individuell entwickeln und die ihr von Gott gegebenen Fähigkeiten einsetzen können, ohne in traditionellen geschlechtsbedingten Schranken gefangen zu sein.

Nach ihrem Ausscheiden aus dem Seminar im Jahr 1968 war Hildegard Holzer zehn Jahre lang in der Altenpastoral der Diözese St. Pölten tätig, wo sie wiederum Aufbauarbeit leistete. Sie starb am 5. Dezember 1995 in Wien.

Wagemutig und ausdauernd

"Ihr Leben galt der Kirche, ihr Werk war das Seminar für kirchliche Berufe, ihre Freude die vielen Schülerinnen, mit denen sie bis zuletzt Verbindung hielt." Ihre Schülerinnen schrieben ihr diesen Dank auf die Parte. Wie schön wäre es, wenn ihr 100. Geburtstag Anlass gäbe zu einem neuen Anlauf, Frauen und ihrem Wirken in der Pastoral auch heute wieder mehr Raum, mehr Anerkennung und bessere strukturelle Bedingungen zu verschaffen.

Die Autorin arbeitet als freiberufliche Theologin und ist Chefredakteurin der pastoraltheologischen Zeitschrift "Diakonia" (vgl. auch Veranstaltungstipp rechts).

Bücher über Hildegard Holzer:

Werkzeug und Komplizin Gottes

Hildegard Holzer und die Seelsorgehelferinnen in Österreich 1939-1968

Von Veronika Prüller-Jagenteufel, LIT-Verlag, Münster 2002, 464 Seiten, kt., e 37,-

Gottes starke Töcher 12 Frauen in der Kirche von heute

Von Ingeborg Schödl, Dom Verlag, Wien 1998, 256 Seiten, kt., e 15,80

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