Kirchen und Homosexuelle

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"Warum veröffentlichte Rom gerade jetzt ein Schreiben gegen die rechtliche Gleichstellung homosexueller Lebensgemeinschaften?" rätselten manche (S. 7 dieser Furche). Aus Sicht der katholischen Glaubenshüter machte das zweifelsohne Sinn. Denn gerade in den letzten Wochen war das Thema auf der Agenda christlicher Konfessionen: In Vancouver konnte sich die Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes nicht auf eine Position zur Anerkennung schwuler und lesbischer Paare einigen, und die anglikanische Kirchengemeinschaft steht gar knapp vor einer Kirchenspaltung: Konkreter Anlass war da die Wahl eines bekennenden Schwulen zum Bischof von New Hampshire. Die Jahresversammlung der anglikanischen Episkopalkirche der USA setzte die Bestätigung dieser Wahl zwar im letzten Moment aus, der tiefe Konflikt bleibt aber bestehen.

In den Kirchen geht es hier nicht nur um die Auseinandersetzungen von konservativen (kontra Schwulenehe) und liberalen (pro) Kirchenflügeln, sondern sowohl bei Lutheranern wie bei Anglikanern zeigt sich ein kultureller Nord-Süd-Riss: Die Kirchen im Süden lehnen die Gleichstellung der Homosexuellen vehement ab, bei den Schwesterkirchen im Norden gibt es ein ebenso vehementes Drängen in die Gegenrichtung.

Als Kontrast dazu präsentiert sich Rom als Fels in den Stürmen dieses Kirchenkampfes: Das kategorische Nein zu homosexuellen Lebensgemeinschaften ist in rigoroser Sprache formuliert - unter völliger Ausblendung der Auseinandersetzung um die Bewertung von Homosexualität, die natürlich auch in der katholischen Welt geführt wird. Vordergründig erspart sich die Rom so die angesprochenen anglikanischen oder lutheranischen Verhältnisse. Doch der Schein könnte trügen: Denn auch unter Katholiken sind - Gott sei Dank - die Dämme hin zu einem differenzierten Verständnis der (Homo-) Sexualität längst gebrochen.

otto.friedrich@furche.at

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