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KIRCHENBUCHERSCHEINUNGEN: ZUKUNFTSTRAUME UND HEISSE EISEN
Die mit dem Kirchenvolks-Be-gehren entzündete kirchliche Diskussion wird auch durch eine Reihe von Erscheinungen auf dem Buchmarkt begleitet. Unter Frolibotsclwft statt Drohbotschaft, einem der Slogans der Unterschriften-aktion, wird im neuesten Buch des Heidelberger Theologen Norbert Scholl versucht, die biblischen Grundlagen des Kirchenvolks-Begehrens zu beleuchten. Tatsächlich gelingt es dem Autor, die fünf Themen der Kircheninitiative in biblischen Zusammenhang zu stellen. Die Themenstellung begrenzt das Unterfangen allerdings: So ungleichgewichtig die Forderungen des Kir-chenvolks-Begehrens erscheinen, wenn man die einzelnen Punkte miteinander vergleicht, so unterschiedlich konsistent wirkt das Buch. Das Kapitel „Frohbotschaft statt Drohbotschaft" leitet den Autor zur Darstellung biblischer Anthropologie und einer Christologie in Kurzform. Andere Themen wie die Zölibatsfrage sind da von vergleichsweise geringerer Bedeutimg. Andererseits kann auch daran eine - auf biblischen Grundlagen versuchte - Argumentation konkretisiert werden, die in den allgemeineren Überlegungen nicht so greifbar entgegentritt.
Das Kirchenvolks-Begehren ist auch im jüngsten Essay des Wiener Pastoraltheologen Paul M. Zulehner angesprochen, vor allem wenn er den kirchlichen „Reformstau" benennt. Seine Kirchen-Ent- Täuschungen versuchen, der tagespolitischen Diskussion innerhalb der Kirche eine zu-kunftsgerichtete Dimension entgegenzustellen, denn bei der „ Mehrzahl der ernüchterten Reformbegehrerinnen" konstatiert er ein Versinken in „diffuse Enttäuschung". Zulehner will Täuschungen entlarven, die auch in den großen Wörtern der letzten Jahre („Freiheit", „Solidarität")
die wirklichen Zukunftsoptionen verstellten. So plädiert er für „Freiheitsermutigung durch Freiheitsentlastung", damit die Freiheit nicht zur Belastung wird, für eine „Solidaritätsermächtigende Kirche" sowie für eine „Kirche, die den Himmel offenhält" und Menschen, die heute Gott auf die Spur kommen" -was, wie Zulehner weiß, zur Zeit alles andere als einfach ist.
Systematischer nähert sich den Fragen eine Art kleines theologisches Lexikon, der vom Grazer Theologen Johannes B. Bauer herausgegebene Band Die Iteißen Eisen in der Kirche. 59 Stichworte aus der aktuellen kirchlichen und gesellschaftlichen Diskussion werden von verschiedenen Autoren - unter ihnen die Moraltheologen Hans Rotter (Innsbrack), Dietmar Mieth (Tübingen), Johannes Gründel (München), der Dogmatiker Hermann Häring (Nij-megen) oder der Fundamentaltheologe Heinrich Fries (München) -kompakt und kompetent zusammengefaßt. Wer sich von Aggiornamento bis Zölibat über den Stand der Auseinandersetzung orientieren will, ist mit dem kleinen Kompendium gut bedient. Frauen in der Kirciie, Homosexualität, Bkdiofswahl Kirchenreform, Sterbehilfe, Wiedergeburt - nur einige der behandelten The Nicht alle Beiträge verweisen auf weiterführende Literatur, deren Angabe ob der notwendigen Kürze der Darstellungen wünschenswert wäre. Außerdem sind manche Autoren in der Diskussion als Propo-nenten einer exponierten Position ausgewiesen. So etwa der Wiener Gynäkologe (und Theologe) Johannes Huber, der den Artikel zu Reproduktionsmedizin verfaßt hat. Doch auch hier erfährt man Interessantes, wie etwa die Rolle des Krakauer Erz-bischofs Karol Wojtylain der Diskussion um Paul VI. Sexualenzyklika „Humanae vitae".
FROHBOTSCHAFT STATT DROHBOTSCHAFT
Die biblischen Grundlagen des Kirchenvolks-Begemens, mm Von Norbert Scholl Styria, Graz-Wien-Köln 1997, 2% Seiten, öS 198,-KIRCHEN-F.NTTÄUSCHUNGF.N Ein Plädoyer für Freiheit, Solidarität und einen offenen Himmel, Von Paul VI. Zulehner. Kremayr& Scheriau, Wien 1997,120 Seiten, öS 221,-DIF. MISSEN EISEN IN DER KIRCHE Herausgegeben von Johannes R Bauer. Styria, Graz-Wien-Köln 1997, ß'WSeiten, öS291,-
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