Kochen wie die Kinder!

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Spielerischer? Nerviger? Eventkoch Thomas Hüttl weiß, dass Männer anders sind. Auch am Herd.

Nur keine Klischees bitte, nur keine Klischees: Jeder ist anders, jeder kocht anders, jeder schmaust anders. Die Menschen sind verschieden, ihre Gaumen sowieso und ihre Art des Schneidens, Dünstens, Sautierens, Bratens, Backens und Kredenzens erst Recht.

Aber manchmal zeigen sich die Unterschiede doch. Zum Beispiel im Kochatelier von Thomas Hüttl. "Männer sind im Durchschnitt einfach verspielter", meint der Cuisinier und platziert die Zutaten für seine gegenwärtige Laune, "Miniomelettes mit Forellenkaviar", sorgfältig neben dem Herd. Seit vier Jahren bietet der "Eventkoch" hier, nahe dem Wiener Naschmarkt, Kochkurse an - die mehrheitlich bereits von Männern besucht werden und bei denen sich so manches Geschlechter-Klischee bestätigt: "Männer sind oft wie Kinder", behauptet der Koch. "Sie sind verspielter, stehen ungewöhnlichen Kombinationen offener gegenüber und gehen die Sache unbefangener an." Viele Frauen müssten sich dagegen erst von ihrer sozialen Rolle und den Indoktrinationen ihrer Mütter befreien. "Sie müssen erst lernen, sich unverkrampft in der Kochwelt zu bewegen und daran zu denken: Hey, kochen ist nicht nur Mama und Oma, sondern kann sogar Spaß machen."

Geliebte Geräte

So gut, so schön für das Kind im Manne. Wenn diese spielerische Ader nicht gleichzeitig bei Kochkursen so lästig wäre. "Das äußert sich darin, dass Männer meistens die pingeligeren und nervigeren Fragen stellen", klagt der 36-jährige Meister. "Sie wollen immer gleich ins Technische gehen, obwohl ich ihnen sage, dass man nicht alles erklären kann." Vom Gerätewahn gar nicht zu reden: Nicht selten würden manche "Hausherren" gleich mit einem ganzen Werkzeugkoffer oder einem Sortiment ausgefeilter, asiatischer Messer anmarschieren.

Nicht so beim letzten Mal. Unter den vier Männern und drei Frauen, die sich Samstag Vormittag mit Hüttl zum "Grundkurs kreatives Kochen" am Naschmarkt eingefunden hatten, war kein einziger Geräte-Fetischist. Ausgerüstet mit Schürzen und Durchschnittsmessern wollten sie nur eines: lustvoll durch den Markt flanieren, unbekannte Produkte entdecken, sie zu neuen Gerichten komponieren, probieren, kochen und lernen, was das Zeug hält. "Ich möchte einmal wissen, wie man ein wirklich gutes Mousse au Chocolat hinbekommt", verriet der Marketing-Experte Herbert. Der Chemiker Dietmar begnügte sich mit perfektem Fisch, der Informatiker Wolfgang mit schmackhaften Knödeln und der Physiker Thomas mit einfachen Gerichten aus Kürbis und Kraut.

Geschenkter Kurs

Als Einziger in der Runde war er mit seiner Partnerin gekommen, die ihm den Kurs zuvor geschenkt hatte. "Das kommt natürlich häufig vor: Sicher 80 Prozent meiner Kursgutscheine gehen an Männer," erzählt Thomas Hüttl, während er kleine runde Förmchen in die bebutterte Pfanne stellt und sie mit Hilfe eines Löffels mit Omelette-Masse füllt.

Der tiefe, große Mehllöffel mit dem scharfen Rand ist - neben einer Winkelpalette - das einzige Utensil, das dem Spitzenkoch selbst am Herzen liegt. Kein Wunder: Schließlich hat er es von seiner Großmutter geerbt, die ihn auch mit dem Kochvirus infizierte. "Während mein Bruder lieber Karl May gelesen hat, bin ich in die Küche gegangen und habe ihr beim Kochen zugeschaut", erinnert er sich. Omas Küche war freilich nichts für sensible Mägen: Suppe, Schmorbraten mit zwei Beilagen und Torte - ohne mindestens drei Gänge kam kein Sonntagsessen aus.

So prägend Hüttls Großmutter war: Sie war auch die letzte kochende Frau, die ihm in seiner Karriere unterkam. "Im Tourotel Linz, wo ich gelernt habe, waren wir vom Abwäscher bis zum Küchenchef 31 Personen - darunter nur eine Frau: die Gemüsefrau", erinnert sich der Koch neben den brutzelnden Omelettes.

Auch auf den weiteren Stationen seiner Laufbahn sah es nicht viel anders aus: Ob im Hilton Plaza Vienna, im ehemaligen Johanneshof, im vegetarischen Hauben-Restaurant von Christian Wrenkh, in einer brasilianischen Bar oder in der Sargfabrik, wo Hüttl als Küchenchef werkte: Stets waren Frauen nur für die niederen Tätigkeiten zuständig. "Der Job ist einfach zu hart für eine Frau", lautet seine Erklärung. Schwere 50-Liter-Töpfe, Stress und ein rauer Umgangston würden die Arbeit in der Spitzengastronomie nicht eben leicht erträglich machen. Ausnahmeerscheinungen wie die Haubenköchin Johanna Maier mit ihrem "Hotel Hubertus" in Filzmoos seien laut Hüttl das Ergebnis besonderer Rahmenbedingungen: Sie führe eben selbst einen Betrieb und habe sich dort hochgearbeitet.

Feinerer Gaumen?

Wie hart der Kochjob sei, weiß Hüttl selbst. "Ich bin nicht nur einmal flennend aus der Küche gerannt", gibt er zu, während er kleine Hügel Forellenkaviar auf den fertigen Omelettes drapiert. Umso leichter sei ihm vor vier Jahren der Entschluss gefallen, sich rechtzeitig zum Jamie Oliver-Boom selbstständig zu machen, Kochkurse zu halten oder als Mietkoch einzuspringen.

Auch für das Bekochen seiner Freundin bleibt ihm jetzt mehr Zeit. "Leider", fügt Hüttl hinzu: "Schließlich gelingt ihr Pasta mit Tomatensauce viel besser als mir." Liegt es daran, dass sie Italienerin ist - oder hat es andere Gründe? "Keine Ahnung", schmunzelt der Koch: "Vielleicht haben Frauen ja doch den feineren Gaumen."

Nähere Infos unter

www.eventkoch.at

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