Papst Pius XII.: Komplize oder Held?

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Walter Homolka über Papst Pius XII.

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Walter Homolka über Papst Pius XII.

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Die Rolle verschiedener Nuntien während des II. Weltkriegs stand im Mittelpunkt einer römischen Tagung der amerikanischen interreligiösen Stiftung "Pave the way", die Papst Pius XII. anlässlich seines bevorstehenden 50. Todestages gewidmet war. Anliegen der US-Stiftung war es, das Engagement des Pacelli-Papstes zugunsten jüdischer Menschen aufzuzeigen. "Pave the way"-Gründer Gary Krupp, ein New Yorker Jude und mehrfacher päpstlicher Ordensritter, erklärte in Rom, Pius XII. habe "mehr Juden in der Geschichte gerettet als irgendein anderer Papst". Krupps Position wurde früher schon von Pinchas Lapide vertreten, ist in der jüdischen Gemeinschaft aber umstritten.

Denn Pius XII. vermied während seines Pontifikats jede öffentliche Stellungnahme zu den unendlichen Leiden nicht nur des jüdischen Volkes unter dem Naziterror zwischen 1933 und 1945. Pacellis Haltung war: Eigentlich müsse man angesichts der genauen Kenntnisse um die Vernichtungsmaschinerie feurige Proteste erheben. Aber: "Das einzige, was Uns davon abhält, ist das Wissen, dass Unser Sprechen den Zustand dieser Unglücklichen nur noch verschlimmern würde." Ob diese Leisetreterei richtig war, ist umstritten. Vorbildlich war dies in keinem Fall. Immerhin: Seine erste, 1939 kurz nach Kriegsausbruch herausgegebene Enzyklika "Summi pontificatus" wandte sich gegen Rassismus, den Herrschaftsanspruch von Diktaturen und die Besetzung Polens.

Statt auf ferne moralische Instanzen zu schielen bei der Frage nach dem richtigen Verhalten, sollte jeder sein eigenes Gewissen prüfen. Auf den "Ruf aus Rom" kann man nämlich mitunter lange warten. Zumindest sollte man - wie "Pave the Way" dies leider versucht - keine falschen Vorbilder schaffen. Pius XII. ist vielleicht ein Vorbild für menschliche Unzulänglichkeit. Ob das aber für einen "Heiligen" ausreicht?

Der Autor ist Rektor des Abraham-Geiger-Kollegs in Potsdam.

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