6785450-1970_11_07.jpg
Digital In Arbeit

Konkordat von vorgestern

Werbung
Werbung
Werbung

1970 ist für Spanien das Jahr der Umstellung und Umstrukturierung seiner außenpolitischen, wirtschaftlichen und kirchlichen Beziehungen. Der spanisch-amerikanische Stützpunktvertrag läuft endgültig im September ab, das Verhältnis zur EWG wird demnächst durch die Unterzeichnung eines Vorzugsabkommens enger gestaltet und das Konkordat zwischen Madrid und dem Heiligen Stuhl befindet sich im Stadium der Revision. Spaniens fliegender Außenminister, Gregorio Lopez Bravo, hat auf allen drei Gebieten seit seinem Amtsantritt im vergangenen Oktober wichtige Vorarbeit geleistet. Einer seiner letzten Besuche, Ende Jänner dieses Jahres, galt dem Papst, Kardinal Veuillot und Monsignore Benelli. Voll Optimismus kehrte Lopez Bravo nach Madrid zurück und erklärte: „Glücklicherweise bestehen keine Probleme in den Beziehungen zwischen Spanien und dem Heiligen Stuhl.“ Nichtsdestoweniger scheint das Schweigen des Vatikans diesen Optimismus nicht ganz zu rechtfertigen. Hinzu kommt das Zögern des Papstes, die von Generalissimus Franco für vakante Bischofssitze vorgeschlagenen Anwärter zu bestätigen und ein Dutzend progressiver Geistlicher, die im Gefängnis von Zamara Freiheitsstrafen verbüßen.

Historische Vormachtstellung

Nach dem II. Vatikanischen Konzil haben sich die Beziehungen zwischen Spanien und dem Vatikan schwieriger gestaltet. Viele Entwicklungen stehen seither in krassem Gegensatz zu Spaniens kirchlicher und sozialer Realität, aber auch zu der einzigartigen Vormachtstellung, welche die katholische Kirche auf Grund des Konkordats von 1953 in Spanien einnimmt. Nach Artikel I dieses Konkordats „bleibt die römisch-katholische apostolische Religion auch

weiterhin die einssige in der spanischen Nation und genießt die Rechte und Vorrechte, die ihr nach dem göttlichen Gesetz und dem Kirchenrecht zustehen“. Seinerzeit qualifizierte Kardinal Ottaviani das Konkordat mit Spanien als Modell für alle christlichen Staaten. Heute, nach dem II. Vatikanischen Konzil trifft dies aber nicht mehr zu. Rom steht jetzt einem verfassungsmäßig katholischen Staat gegenüber, der jedoch die Folgeerschei-

nungen einiger der neuen katholischen Denkmodelle strafrechtlich verfolgt. Versammlungs- und Gewerkschaftsfreiheit, ebenso das Streikrecht, sind in Spanien illegal und werden es noch lange bleiben. Auch das Vorschlagsrecht bei der Ernennung neuer Bischöfe, das dem Staatsoberhaupt laut Konkordat zusteht, ist mit dem Konzil nicht mehr in Einklang zu bringen, auf dem die Bischofsernennung zum kirchlichen Exklusivrecht erklärt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung