Konkrete Hilfe in kritischen Lagen

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Seit zehn Jahren betreiben die Missionsschwestern vom Heiligsten Erlöser in Wien-Mauer das Eltern-Kind-Heim "Sarepta". Ein soziales Projekt, um jungen Familien in Not eine kurzfristige Überlebenshilfe zu bieten.

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Seit zehn Jahren betreiben die Missionsschwestern vom Heiligsten Erlöser in Wien-Mauer das Eltern-Kind-Heim "Sarepta". Ein soziales Projekt, um jungen Familien in Not eine kurzfristige Überlebenshilfe zu bieten.

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Vor zehn Jahren eröffnete die Gemeinschaft der Missionsschwestern vom Heiligsten Erlöser das Eltern-Kind-Heim "Sarepta" in Wien-Mauer, das für Familien und Alleinerziehende zu einem Zufluchtsort in Notsituationen wurde. Die im Haus lebenden fünf Schwestern der Gemeinschaft geben diesen Menschen nicht nur ein Dach über dem Kopf, sondern helfen ihnen auch, einen Arbeitsplatz und eine neue Wohnung zu finden und so ihre Krisensituation zu überwinden.

Überlebensprobleme Ein syrisches Paar hatte vor Jahren den Wunsch, ihr Kind in den USA zur Welt zu bringen, weil es - nach der amerikanischen Verfassung - dadurch automatisch amerikanischer Staatsbürger ist. Also stiegen der Mann und die hochschwangere Frau ins Flugzeug und machten sich auf den Weg in die Vereinigten Staaten, aber es kam anders: Bei einer Zwischenlandung auf dem Flughafen Wien-Schwechat setzten die Wehen der Frau ein, und sie wurde ins Krankenhaus gebracht.

Das Kind war eine Frühgeburt, das Neugeborene sollte einen Monat lang zur Beobachtung im Spital bleiben. Die Eltern fanden für diese Zeit im Eltern-Kind-Heim der Missionsschwestern vom Heiligsten Erlöser ein Zuhause. Heute ist die Familie wieder in Syrien, wo sie mittlerweile - ohne Abenteuer - noch ein Kind bekommen hat. Ihr Briefkontakt mit den Schwestern besteht weiter.

"Solche - eher amüsante - Geschichten passieren eigentlich selten", erzählt Schwester Ruth Maria Stamborski, die 37jährige Leiterin des Eltern-Kind-Projekts und derzeitige Hausoberin: "Meistens sind wir mit den ernsthaften Problemen des Überlebens konfrontiert". Als sie vor vier Jahren nach Wien kam, hatte die in der Nähe von Münster geborene Religionspädagogin schon langjährige Erfahrung als Pastoralassistentin und Erzieherin von verhaltensauffälligen Kindern, dennoch war die neue Aufgabe eine richtige Herausforderung für sie. "Einem Menschen in Not zu helfen bedeutet für mich, meinen Glauben an Christus konkret zu leben", sagt Schwester Ruth Maria.

Die Geschichte der Witwe von Sarepta, aus dem ersten Buch der Könige im Alten Testament (1 Kön 17,8-16), die mit dem Propheten Elija ihre letzte Handvoll Mehl teilte und deren Mehltopf seitdem nie leer geworden ist, gab den Missionsschwestern vom Heiligsten Erlöser Inspiration, als sie vor zehn Jahren das Haus in Wien-Mauer vom Orden der Redemptoristen übernahmen und in einen Zufluchtsort für Familien und Alleinerziehende in Not umwandelten. So erhielt das Haus den Namen "Sarepta".

Hilfe zum Lebensstart Heute verfügt es über elf Wohnungen für Familien und Alleinerziehende, die sich mit den Schwestern eine gemeinsame Küche und ein gemeinsames Wohnzimmer teilen. In der Nachbarschaft sind noch zwei so genannte Startwohnungen von der Gemeinschaft angemietet. "Dieses Projekt war etwas ganz Neues für uns", berichtet Schwester Ruth Maria, die schon seit 16 Jahren ihrem Frauenorden angehört. "Die Wohnungsnot in Wien, besonders für ausländische Familien oder für Inländer ohne regelmäßiges Einkommen, war der Grund, weswegen wir mit diesem Projekt angefangen haben."

Der 1957 mit Hilfe einiger Redemptoristen gegründete Orden "Missionsschwestern vom Heiligsten Erlöser" zählt knapp 100 Mitglieder in mehreren Niederlassungen in Deutschland, Japan, Bolivien und Chile; eine neue in der Ukraine ist in Planung. In Österreich sind außer drei Schwestern in einem Haus in Attnang-Puchheim (Oberösterreich) die fünf im Haus Sarepta tätig, von denen drei in der sozialen Betreuung der Familien und Alleinerziehenden eingebunden sind.

"Wir haben keine religiösen Angebote für unsere Bewohner", erzählt Schwester Ruth Maria, "außer am Heiligen Abend. Dann laden wir die Leute in die Kapelle ein, um den ursprünglichen Inhalt dieser Feier in die Mitte zu stellen". Natürlich sei sie immer für ein Gespräch bereit, wenn Hausbewohner, die sich in einer Krisensituation befinden - und das sind die meisten von ihnen -, Fragen nach dem Sinn von Leid stellen. Es passiert auch nicht selten, dass Eltern während ihres Aufenthaltes im Haus ihr Kind taufen lassen wollen. Dennoch ist das Ziel der Betreuung nicht ein pastorales, sondern vielmehr ein soziales.

Als Anfang wird den in Not geratenen Familien oder Alleinerziehenden eine sehr günstige Wohnmöglichkeit für sechs Monate angeboten. In dieser Frist sind die Schwestern darum bemüht, mit Gesprächen und Beratung diesen Menschen zur Selbständigkeit zu verhelfen. Die meisten von ihnen haben keine Berufsausbildung abgeschlossen; die Ausländer, welche zwei Drittel der Hausbewohner bilden, sprechen oft nur schlecht Deutsch. Daher ergeben sich viele Schwierigkeiten bei der Arbeitsuche. Die Schwestern haben auch ehrenamtliche Mitarbeiter aus der benachbarten Pfarre, die mit Deutsch-Unterricht und Kinderbetreuung aushelfen, sodass die Bewohner zu Vorstellungsgesprächen gehen können. Falls die sechsmonatige Frist sich für manche Familien oder Alleinerziehende als zu kurz erweist und sie noch nicht auf eigenen Füßen stehen, wird der Wohnvertrag für ein weiteres halbes Jahr verlängert. "Manchmal haben wir wirklich schwere Entscheidungen zu treffen", meint Schwester Ruth Maria: "Wenn ein Kind zum Beispiel von den Eltern deutlich vernachlässigt wird, sollten wir uns zum Wohl des Kindes mit dem Jugendamt in Verbindung setzen. Eine solche Entscheidung fällt natürlich nicht leicht." Besonders junge Alleinerziehende fühlen sich oft überfordert, aber gleichzeitig weigern sie sich, das zuzugeben. Nicht selten ist die zeitweilige Betreuung des Kindes durch Pflegeeltern eine gute Lösung für die Frau, bis sie ihr Leben in den Griff bekommt und selbst für das Kind sorgen kann.

Feste sind wichtig Wenn eine alleinerziehende Frau einen neuen Lebenspartner findet, wird er in die Wohngemeinschaft integriert, zu Festen eingeladen, und er darf sogar ins Haus einziehen. "Es ist wichtig, wie er mit der Mutter auskommt und auf das Kind reagiert", sagt die Hausoberin. Sollte die Frau kurzerhand ausziehen und die Beziehung nicht funktionieren, würde sie nach einigen Monaten in der selben Notsituation sein, mit einer Enttäuschung mehr.

Zwei Mal waren auch alleinerziehende Väter mit ihren Kindern im Haus, was für eine "positive Spannung" im Haus gesorgt hat. Es entbrannte ein echter Konkurrenzkampf unter der Bewohnerinnen; jede wollte sich hilfsbereit und entgegenkommend zeigen. Bald stellte sich heraus, das die beiden schon eine Freundin außerhalb des Hauses hatten, was die Stimmung dann wieder trübte.

Feste sind etwas Wichtiges im Haus Sarepta. So kommen die Bewohner einander näher, es entstehen Freundschaften. Besonders feierlich werden die Kindergeburtstage zelebriert. Das Kind steht im Mittelpunkt und bekommt Geschenke, so fühlt es sich auch wichtig und geliebt - das stärkt sein Selbstwertgefühl.

Erwiderte Zuwendung Die Missionsschwestern vom Heiligsten Erlöser leben in kleinen Gruppen mitten in der Gesellschaft, um den Menschen durch Seelsorge, Alten- und Krankenpflege, soziale Betreuung in der Bewältigung ihrer alltäglichen Nöte zu helfen. Rund um die Schwesterngruppen bildeten sich Freundeskreise aus. Das sind Laien, die sich von der Spiritualität der Gemeinschaft angesprochen fühlen und auch bereit sind, bei konkreten Problemen zu helfen. "Bei uns im Haus ist es oft so, dass besonders Ausländer keine Sozialversicherung haben", erzählt die Hausoberin: "Aber es findet sich immer jemand von unserem Freundeskreis, der für diese oder jene Familie die Versicherung übernimmt. Wir werden mit den Problemen nie allein gelassen." Oft besuchen auch Firmgruppen das Haus, um ein Beispiel der Solidarität mit bedürftigen Menschen zu erleben.

"Ich kann in dieser Arbeit sehr viel Sinn entdecken", betont Schwester Ruth Maria. Zwar hat sie keine fixe Arbeitszeit - es kommt immer wieder vor, dass in der Früh oder spät am Abend eine Bewohnerin oder Bewohner mit einer Bitte an ihre Tür klopft - dennoch: Die geschenkte Zuwendung bleibt nie unerwidert.

Haus Sarepta 1230 Wien, Rudolf-Zeller-Gasse 46bTel.: 01/888 72 33. Spenden: Kto.Nr. 078-08429 bei ERSTE (BLZ 20111)

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