Konzilsvater Kardinal König

Werbung
Werbung
Werbung

Kardinal König gehörte auf dem Konzil zu den Reformern. Er wirkte beharrlich im Hintergrund, wie auch das neue Buch von Walter Kirchschläger zeigt.

Er hat das Konzil auch in hohem Alter als "wichtigstes Ereignis meines Lebens“ bezeichnet. Und wer Gelegenheit hatte, mit dem 2004 verstorbenen Kardinal über Gott und die Welt zu diskutieren (oder ihn darüber zu interviewen), kam fast unweigerlich an den Punkt, wo Kardinal König seiner Überzeugung freien Lauf ließ, dass Religion zum Menschsein gehöre, weil diese Antworten auf Fragen wie "Woher komme ich? Wohin gehe ich? Was ist der Sinn meines Lebens?“ zu geben versuche. Die Fragen, die der Kardinal hier ansprach, finden sich fast wortgleich auch in der epochalen Konzilserklärung "Nostra Aetate“ über die nichtchristlichen Religionen. Königs "Faible“, diese Fragen so oft anzuführen, mag Indiz dafür sein, dass dieses Konzilsdokument auch seine Handschrift trägt (was Königs wissenschaftliche Profession, nämlich die Religionswissenschaft, ja zusätzlich nahelegen würde).

Es gibt andere Stimmen, die dies bekräftigen. So notierte der aus Vorarlberg stammende Jesuit Josef Neuner (1908-2009), der vom Bischof von Pune/Indien als Konzilstheologe nach Rom mitgenommen wurde, dass es König war, der Nostra Aetate "gerettet“ habe. Denn das ursprünglich als "Judenerklärung“ geplante Dokument stand wegen des Widerstands von Bischöfen aus dem arabischen Raum kurz vor dem Scheitern. Es sei Königs Idee gewesen, so Neuner, die Erklärung auf die nichtchristlichen Religionen auszuweiten: So wurde nicht nur das Verhältnis der katholischen Kirche zum Judentum revolutioniert und dem jahrhundertealten christlichen Antijudaismus abgeschworen, sondern auch das Verhältnis zu Islam, Buddhismus, Hinduismus auf völlig neue Füße gestellt.

Es ist dennoch nicht einfach, der Rolle Kardinal Königs auf dem II. Vatikanum gerecht zu werden. Annemarie Fenzl, Wiener Diözesanarchivarin und Büroleiterin Königs nach dessen Emeritierung, machte jüngst darauf aufmerksam, dass König vor allem im Hintergrund den Kurs des Konzils mitbestimmt habe. Fenzl weist darauf hin, dass man Belege für Königs Rolle vor allem in seinen Notizen, den Konzilsakten und eben den Erinnerungen anderer finde.

Der Weg zum Konzil als erster Band der "Kardinal König Bibliothek“

Folgerichtig, dass Fenzl gemeinsam mit Weihbischof Helmut Krätzl, der 1956 bis 62 Sekretär Kardinal Königs war und Walter Kirchschläger, der nämliche Funktion 1970 bis 73 innehatte und soeben als Neutestamentler in Luzern emeritiert wurde, als Herausgeber der neuen "Kardinal König Bibliothek“ fungieren. Kirchschläger ist auch der Autor des ersten Bandes der Reihe, "Kirche im Aufbruch“, der - passend zum Jubiläum des Konzilsbeginns - den "Weg zum Konzil“ thematisiert.

Kirchschläger bereitet darin neben informativen zeithistorischen Einführungen zu Johannes XXIII., Kardinal König und Konzil die von den Fundstücken aus dem Kardinal-König-Archiv gespeisten Erkenntnisse um des Kardinals Rolle in der Vorbereitung - König hatte auch der vorbereitenden Zentralkommission angehört - und den ersten Konzilstagen, in denen sich, angeführt von Kardinälen wie Liénart (Lille), Frings (Köln), Döpfner (München), Alfrink (Utrecht) eben auch König gehörte, sich der Weltepiskopat gegen die Gängelung durch die Kurie durchsetzen konnte (vgl. dazu den Beitrag von Franz Mayrhofer, links). Dazu kommt die historische Tat Kardinal Königs, den Jesuiten Karl Rahner, der damals gar noch der römischen Vorzensur unterlag, als seinen Konzilstheologen mit nach Rom zu nehmen. Nicht auszudenken, was aus dem II. Vatikanum ohne einen dort anwesenden Karl Rahner, der sich,wie Kirchschläger darlegt, im Übrigen durchaus geziert hat, teilzunehmen, geworden wäre.

Kirchschläger gelingt es, die sperrige Archivmaterie in eine spannende Erzählung von den Vorarbeiten und den ersten Zügen des Konzils zu verweben. Er bringt dabei nicht nur die Rolle Kardinal Königs zur Geltung, sondern auch die anderer österreichischer Bischöfe wie des Linzer Hirten Franz Zauner, dessen Rolle bei der Entstehung der Liturgiekonstitution gleichfalls hoch einzuschätzen ist.

Alles in allem erweist sich "Kirche im Aufbruch“ als ein gut lesbares Buch für kirchenhistorisch Interessierte. Und als eine zeitgeschichtliche Fundgrube ersten Ranges.

Kirche im Aufbruch

Der Weg zum Konzil.

Von Walter

Kirchschläger.

Styria premium 2012.136 Seiten,

geb., e 16,99

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung