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Kurie und Bischofskonferenzen

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FRAGE: Die Beziehungen zwischen der Kurie und den einzelnen Bischofskonferenzen ist die eine Seite des Problems, die Verbindung von innen nach außen. Scheint aber die Verbindung von außen nach innen nicht ebenso wichtig? Sollen also den Nuntien als Verbindungsstelle zwischen Papst und Bischofskonferenzen auf der einen Seite nicht eine ständige Vertretung der Bischofskonferenzen in Rom auf der anderen Seite entsprechen? Könnte sich die Bischofssynode nicht eine Art ständiger Exekutive in Rom schaffen?

KARDINAL KÖNIG: Vielleicht kommt es zu einem solchen ständigen Ausschuß der Bischofssynode, der bei raschen Entscheidungen Zusammentritt, um den Papst zu beraten. Ich persönlich bin etwas sfkep- tischer gegenüber allzu perfekten Organisationsschemen. Ein ständiger, in Rom etablierter Ausschuß der Bischofssynode würde wahrscheinlich sehr bald den unmittelbaren Kontakt mit der Heimat verlieren. Im übrigen gibt es bereits einen Anfang zu einer solch engeren Verbindung zwischen Rom und den Bischöfen. Alle Kongregationen haben ein Beratungskollegium, dem Bischöfe aus aller Welt angehören. Wieweit diese Einrichtungen wirksam werden, hängt nicht nur von den Institutionen, sondern auch von den Menschen ab. Von Institutionen allein kann man keine Wunder erwarten.

FRAGE: In der Teilnahme der Bischöfe an den Sitzungen der Kongregationen könnte man also schon eine Teilverwirklichung der vom Papst angekündigten Intemationalisierung der Kurie sehen?

KARDINAL KÖNIG: Der Papst — das, glaube ich, muß man ehrlicherweise feststellen — ist absolut gewillt, die Beschlüsse des Konzils durchzuführen und im Geiste des Komils weiterzuarbeiten, auch was die Frage deKKurienreform und die -Frage der Internationalisierung der Kurie betrifft. Man darf aber dabei nicht ungeduldig werden und nicht vergessen, daß dies alles nur schrittweise geschehen kann. Man darf nicht hinter jeder Verzögerung, hinter jedem vermeintlichen Rückschlag eine böse Absicht der Kurie vermuten. Die richtige Zusammenarbeit zwischen Kurie und Bischöfen hängt auch weitgehend von den Bischöfen ab.

FRAGE: Sie meinen also, die Bischöfe könnten selbst etwas mehr tun, um die Kollegialität wirksamer werden zu lassen?

KARDINAL KÖNIG: Ich glaube, das ist eines der Hauptprobleme. Man darf die Kollegialität der Bischöfe doch niemals nur in Blickrichtung gegenüber der Kurie, gegenüber dem Papst sehen. Die Kollegialität der Bischöfe muß sich vor allem innerhalb des Episkopates bewähren. Die Verbindung zwischen Rom und den einzelnen Bischöfen bzw. Bischofskonferenzen hat als wesentliche Voraussetzung eine engere Verbindung der Bischöfe untereinander. Hier gibt es noch einiges zu tun.

FRAGE: Auch in Österreich? KARDINAL KÖNIG: Wir haben hier schon seit langem eine Bischofskonferenz, aber Sie wissen selbst, daß die „Kirche von Österreich” noch lange nicht eine handlungsfähige Realität ist. Die Realität sind nach wir vor die Diözesen.

FRAGE: Manche Bischofskonferenzen haben vor der Bischofssynode Sondersitzungen abgehalten, die österreichischen Bischöfe nicht? KARDINAL KÖNIG: Die österreichischen Bischöfe sind vom Wert allzu häufiger gemeinsamer Beratungen nicht sehr überzeugt. Gewisse Fragen der Bischofssynode wurden auf schriftlichem Wege abgeklärt. Aber es geht hier nicht um Österreich. Was uns noch fehlt, sind kontinentale Bischofskonferenzen. FRAGE: Sollte man nicht als Vorstufe zu kontinentalen Bischofskonferenzen regionale Konferenzen ab- halten? Hätte Österreich hier nicht auch eine besondere Aufgabe gegenüber dem Osten zu erfüllen? KARDINAL KÖNIG: Ich glaube auch, daß Österreich hier auf Grund seiner historischen, geographischen und politischen Situation eine nicht unerhebliche Rolle spielen könnte. FRAGE: Sie sagen „könnte”. Worauf kommt es an? Sie, Herr Kardinal, haben vor dem Konzil einmal den Journalisten zugerufen: „Wenn Sie etwas zu sagen haben, dann warten Sie nicht auf ein Wort axis Rom, reden Sie, wo Sie reden zu müssen glauben, mahnen und drängen Sie, wo Sie glauben, mahnen und drängen zu müssen.” Könnte man eine solche Aufforderung nicht auch an die Bischöfe richten?

KARDINAL KÖNIG: Die Aufgaben der Bischöfe und der Journalisten sind gewiß verschieden. Man soll also Vergleiche nicht zu sehr strapazieren. Aber eines gilt für beide: Nichts in dieser Welt geschieht von sich allein. Wer will, daß etwas geschieht, muß selbst etwas tun und darf nicht nur auf die anderen warten. Wenn die Kollegialität der Bischöfe wirksam werden soll, dann hängt das nicht davon ab, was sie tun dürfen, sondern davon, was sie tun wollen, es hängt ab von ihrer eigenen Initiative, von ihrer eigenen Verantwortung…

Zivilcourage

FRAGE: .. . Von ihrer Zivilcourage? KARDINAL KÖNIG: Wenn Sie wollen, können Sie es auch so nennen. Die Bischöfe werden als Kollegium soviel zu reden haben, als sie Initiative entwickeln. Mit Klagen und Ressentiments ändert man nichts. Die Kollegialität muß zuerst zwischen ihnen selbst wirksam werden. Die Intemationalisierung der Kurie wird so lange eine platonische Forderung bleiben, solange die Bischöfe und die Bischofskonferenzen sich nicht entschließen, fähige Leute nach Rom zu schicken. Eingeladen sind sie dazu. Auch hier gilt es, einen gewissen partikularen und diözesanen Egoismus zu überwinden.

FRAGE: Daran ist gewiß die ganze Kirche interessiert. Vor dem Handeln aber kommt die Erkenntnis. Zur richtigen Erkenntnis gehört die Information. Wie wird es mit der Information über die Bischofssynode bestellt sein?

KARDINAL KÖNIG: Die Sitzungen sind, soviel ich weiß, geschlossen. Ein unmittelbarer Zutritt für die Journalisten scheint nicht gegeben zu sein. FRAGE: Darauf kommt es auch nicht an, wohl aber auf eine ausreichende Information der Öffentlichkeit. Wo die Information fehlt, wuchern die Gerüchte. Halten Sie eine absolute Geheimhaltung für richtig oder auch nur für möglich?

KARDINAL KÖNIG: Ich halte eine absolute Geheimhaltung nicht nur für absolut unmöglich, sondern auch für schädlich. Die Presse müßte mindestens täglich in Form einer Pressekonferenz ausführlich, so wie beim Konzil, über den Verlauf der Beratungen informiert werden.

FRAGE: Die europäischen Priestergruppen, die in ,Chur so spektakulär in Erseheinung getreten find, haben erklärt, daß sie auch nach Rom kommen werden. Sind Sie der Meinung, daß die Bischofssynode die Anwesenheit der Priester zur Kenntnis nehmen soll oder würden Sie jeden Kontakt mit ihnen ablehnen? KARDINAL KÖNIG: Ich bin nicht nur dafür, sie zur Kenntnis zu nehmen, ich bin selbstverständlich auch dafür, daß mit ihnen gesprochen wird. Die Taktik des Ignorierens, die in der Kirche eine gewisse Tradition hat, halte ich nicht für richtig. Ein Bischof darf sich heute keinem Gespräch entziehen, am wenigsten einem Gespräch mit seinen Priestern. Aber ebenso halte ich es für selbstverständlich, daß auch die Bischöfe das Recht haben, gewisse Dinge unter sich zu besprechen. Was die Frage des Kontaktes betrifft, so sollte jeder Bischof mit den in Rom anwesenden Priestern aus seiner Heimat sprechen. Ich werde es jedenfalls so halten und jederzeit für jeden österreichischen Priester in Rom zu sprechen sein. Auch hier sollte man Positionen nicht künstlich verhärten. Auch bei diesem Gespräch kommt es auf Initiative, Verantwortung und Mut an, auf die Bereitschaft zu hören und zu reden. Aber das sind im Grunde alles christliche Tugenden.

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