Kurt Schubert - Kurt Schubert (1923–2007), Beiname „Moses“, am 7. November 2005 im Karl von Vogelsang-Institut. - © Vogelsang-Institut

Kurt Schubert, 80: "Ausgerechnet mit den Juden ..."

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Ein FURCHE-Gespräch mit dem Begründer und Doyen der Judaistik.

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Ein FURCHE-Gespräch mit dem Begründer und Doyen der Judaistik.

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Kurt Schubert, seit 1945 an der Universität Wien lehrend, feierte vor wenigen Tagen seinen 80. Geburtstag. Im Gespräch erzählt er von seiner Begeisterung für das Judentum aus "austrokatholischer Opposition" gegen das NS-Regime, und dass 1945 der Widerstand gegen sein Fach bei weitem nicht erloschen war.

DIE FURCHE: Sie gelten als einer der Begründer der Judaistik. Warum ist diese Wissenschaft so spät entstanden?

Kurt Schubert: Schon Anfang des 19. Jahrhunderts wandte sich Leopold Zunz, der Urvater der Wissenschaft des Judentums, an den preußischen Kultusminister, er mö- ge an der Humboldt-Universität in Berlin eine Judaistik einzurichten. Das wurde mit der Begründung abgelehnt, es gebe Lehrkanzeln für Alte Geschichte - da werde auch über das Judentum gesprochen, und es gebe Theologen, die auch über die Bibel sprechen. Infolgedessen brauche man nichts Weiteres. Dass das Judentum ein Kulturvolk ist, war offenbar nicht gegenwärtig.

DIE FURCHE: In Österreich ...

Schubert: ... war es genauso. Im 19. Jahrhundert wurden die orientalistischen Fächer gegründet: die Turkologie, die Altorientalistik und die Semitistik (wo ich selber mein Doktorat gemacht habe), dann die Ägyptologie, die Indologie. Nur Judaistik gab es nicht. Dann kam der Nationalsozialismus: In dieser Zeit war ich aus austrokatholischer Opposition an allem das Judentum Betreffende interessiert, und ich habe alles, was man bekommen konnte, von der Bibel angefangen, aufgesogen und ein Studium gewählt, das das Hebräische inkludiert hat: Das war die altsemitistische Philologie.

DIE FURCHE: Und das im 3. Reich?

Schubert: Ja, ich habe ja noch im Dritten Reich promoviert, am 27. März 1945. Die Russen waren da aber schon in Wiener Neustadt ...

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