Liebeserklärung an den Papa buono

Werbung
Werbung
Werbung

Willibald Feinig setzt ineinem kleinen Buch Johannes XXIII. ein Denkmal.

Papst Johannes XXIII. starb zu Pfingsten 1963. Wie einfache Menschen diesen "Papa buono" empfanden, drücken die Worte aus, die damals ein Zimmermädchen an die gerade in Rom weilende Philosophin Hannah Arendt richtete: "Gnädige Frau, dieser Papst war ein wirklicher Christ. Wie ist das möglich? Und wie konnte ein wirklicher Christ auf den Heiligen Stuhl zu sitzen kommen? Musste er nicht zuerst zum Bischof und Erzbischof und Kardinal ernannt werden, bevor er wirklich zum Papst gewählt wurde? Hatte denn keiner eine Ahnung, wer er war?"

Der Vorarlberger Autor Willibald Feinig hat diesem Papst unter dem Titel "Vergessener Gesandter" ein Denkmal in Buchform errichtet. Er geht dabei biografisch nicht ins Detail, zeichnet aber die wichtigsten Stationen im Leben des Bauernsohnes Angelo Roncalli nach: seine Jahre als Vatikan-Diplomat, sein Wirken als Patriarch von Venedig, sein kurzes, aber gewichtiges Pontifikat (1958-63). Ein Kapitel beruht auf einer Reise in Roncallis Geburtsort Sotto il Monte. Das Buch macht des Autors Anliegen deutlich, dass der Geist des Zweiten Vatikanums erneut auflebt und zu Reformen in der Kirche anspornt. Feinigs "Kleine Roncalli-Litanei" am Schluss ist eine Liebeserklärung an jenen Mann, der dieses Konzil einberufen und 1962 mit einer grandiosen Rede eröffnet hat.

Das Buch besticht durch seine Fotos und viele kluge Sätze über Johannes XXIII. und lässt diesen mit zahlreichen weniger bekannten Zitaten zu Wort kommen. Feinig liefert Kostproben von Roncallis Humor, etwa seine Trostworte für einen Politiker nach verlorener Wahl: "Es gibt nur drei Arten, sich wirklich zu ruinieren: die Frauen, das Spiel und die Landwirtschaft. Mein eigener Vater hat seinerzeit die langweiligste von den dreien gewählt."

In einer Ansprache bei der venezianischen Diözesansynode 1957 erteilte Roncalli einem in der Kirche leider verbreiteten Führungsstil eine klare Absage: "Autoritäres Gehabe erstickt das Leben, es verwechselt Schroffheit mit Stärke, Starre mit Würde. Patriarchalismus ist eine Karikatur von Väterlichkeit, sie belässt die Menschen in der Unreife, um die eigene Überlegenheit zu wahren."

VERGESSENER GESANDTER. Denkmal für Johannes XXIII. Von Willibald Feinig. Fotografien von Nikolaus Walter. Otto Müller Verlag, Salzburg 2004, 128 Seiten, geb., zahlr. Illustrationen. e 14,50.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung