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Jugendvertreterin Dudu Kücükgöl: Praktische Theologie muss in den Dialog mit anderen Religionen eintreten.

Dudu Kücükgöl: Praktische Theologie muss sich mit den Fragen Jugendlicher und ihrer konkreten Lebensrealität auseinander setzen und in ein offenes und gleichberechtigtes Gespräch mit uns jungen Menschen treten.

So kann sie als Anwältin für die Interessen und Bedürfnisse Jugendlicher (nicht nur innerhalb der Kirche) agieren.

Gerade in einer gesellschaftlichen Umbruchssituation, wie wir sie heute vorfinden, geht es darum, dass Praktische Theologie die derzeitige gesellschafts- und bildungspolitische Entwicklung kritisch hinterfragt und Alternativen entwickelt.

Eine besondere Herausforderung stellt sich mit Blick auf eine religiös und kulturell vielfältige Gesellschaft: Praktische Theologie ist gefragt, in einen Dialog mit anderen Religionen und Konfessionen zu treten, interreligiöses Lernen zu ermöglichen und Vielfalt (in jeder Hinsicht) als ein bereicherndes Element unserer Gesellschaft erlebbar machen.

Regina Polak: Lobbyarbeit für -und vor allem mit - jungen Menschen zu machen in den von Ihnen genannten Fragen, gehört ohne Zweifel zu den zukünftigen Herausforderungen kirchlichen Handelns und damit auch der Praktischen Theologie.

Auch hier stellt sich aber die Frage nach dem spezifisch theologischen Beitrag: Die Praktische Theologie kann und muss konkrete Handlungsoptionen entwickeln (gemeinsam mit anderen Jugend-"Lobbys") - vor allem aber wird sie begründen, warum die Sorge um die Jugendlichen nicht nur eine Frage von Sorge um "zukünftige Humanressourcen" zur Aufrechterhaltung der Gesellschaft ist. Sie kann an den Eigenwert der Lebensphase "Jugend" erinnern, sie wird für eine zur gesellschaftlichen Minderheit werdenden Gruppe Option ergreifen; sie wird im Angesicht der biblischen Verheißungen jungen Menschen begründeten Mut und gelehrte Hoffnung zusagen - denn jede nächste kommende Generation ist dem versprochenen endzeitlichen Heil ein Stück weit näher. Sie wird Sorge dafür tragen, dass auch die nächste Generation in Freiheit, Gerechtigkeit und Würde leben kann. Und das bedeutet, dass die Praktische Theologie - und nicht nur sie - ein besonderes Augenmerk auf all jene Lebensumstände, Lebensfragen haben wird, die jetzt junge Menschen angehen.

Das sind Ökologie, Bildung, Interkulturalität/Interreligiosität. Diese Themen bilden den Hintergrund, vor dem Theologie betrieben werden muss, wo sich Sinn und Vernunft des Glaubens bewähren müssen. So erinnern junge Menschen mit ihrem konkreten Leben und Handeln die Theologie auch daran, dass sie sich in jeder Generation weiterentwickeln muss, rechtfertigen muss, den Glauben im Angesicht der "Zeichen der Zeit" neu durchdenken muss. Junge Menschen können so Lehrer/innen des Glaubens sein, weil sie die Fragen stellen, die brennen.

Martin Jäggle: Ich sehe in der Praktischen Theologie die "geborene" Gesprächspartnerin im Kosmos der Theologie. Diese hat auch die Verpflichtung, die anderen Disziplinen notfalls zu stören, weil die Jugend einen unersetzbaren Dienst im nicht abschließbaren Prozess des "Aggornamento", der Verheutigung leistet. Die Jugend ist in meinen und auch in den Augen der Praktischen Theologie nicht einfach die Zukunft, sondern sie ist (Teil der) Gegenwart.

Als Anwalt der Jugend wird sich Praktische Theologie nicht nur in Schule und in Gemeinde für eine jugendfreundliche Kirche einsetzen. Da eine jugendfreundliche Kirche fehlerfreundliche Gemeinden benötigt, läge darin eine große Umkehrchance für alle.

Über die Anwaltschaft hinaus scheint mir aber aus praktisch-theologischer Sicht wichtig zu sein, sich stärker mit Fragen des Empowerment, der Ermächtigung auseinander zu setzen, mit Fragen der Mitgestaltung und Mitverantwortung. Wer (junge) Menschen respektiert, wird von der Dominanz einer Versorgungspastoral ihnen gegenüber Abschied nehmen.

Nach biblischer Tradition ist zwischen den Generationen auch ein wechselseitig kritisches Verhältnis notwendig, wobei die Bibel ein Faible für die Jüngeren hat.

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