Mit dem Bürgerbesen gegen die Korruption

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Sams'K Le Jah, Gründer der Protestbewegung "Le Balai Citoyen", sieht sich als ideologischen Erben von Thomas Sankara, der für afrikanischen Sozialismus eintrat.

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Sams'K Le Jah, Gründer der Protestbewegung "Le Balai Citoyen", sieht sich als ideologischen Erben von Thomas Sankara, der für afrikanischen Sozialismus eintrat.

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Karim Sama alias Sams' K Le Jah, 44, ist ein populärer Reggae-Musiker, Radiomoderator und politischer Aktivist in Burkina Faso. Gemeinsam mit dem Rapper Serge Bambara alias "Smockey" hat er im Sommer 2013 die Protestbewegung "Le Balai Citoyen" initiiert. Bei seinen Konzerten und Radiosendungen auf Radio Ouaga FM fordert er seit Jahren Pressefreiheit und Gerechtigkeit für den ermordeten Journalisten Norbert Zongo. Er war im Mai anläßlich einer Veranstaltung des Wiener Instituts für Dialog und internationale Zusammenarbeit (vidc) in Wien.

DIE FURCHE: In Burkina Faso haben Massenmobilisierungen im Oktober 2014 den Präsidenten gestürzt. Ist die Zivilgesellschaft reifer geworden?

Karim Sama: Das ist schwer zu sagen. Denn es ist eine Frage der Generation und Situation. Man hat lange Zeit Demokratie mit der Proliferation von politischen Parteien verwechselt. Ich will nicht beurteilen, wie andere gekämpft haben. Denn es ist immer eine Frage von Kontext und Mitteln. Viele haben ihr Leben für die Unabhängigkeit gegeben. Auch in Kamerun und Guinea sind viele gestorben. 30 Jahre später hat man uns gesagt, wir brauchen mehr Demokratie. Die Jugend bemerkt also heute, dass sich die Dinge im Kreis drehen.

DIE FURCHE: Was ist "Le Balai Citoyen"?

Sama: Der eigentliche Gründer ist Thomas Sankara, der 1987 von Blaise Compaoré weggeputscht und ermordet wurde. Wir sind seine ideologischen Erben. Ich habe seine Ära noch als Jugendlicher erlebt. Ich bin Reggae-Künstler und habe im Radio gearbeitet. Ich habe revolutionäre Lieder von Bob Marley und anderen ins Französische übersetzt. Diese Arbeit hat uns viele Probleme gebracht. Es gab Druck von der Regierung, der stärker wurde, als ich mit dem Rap-Sänger Smockey den Balai Citoyen gegründet hatte. 2008 hat mich die staatliche Medienstelle vom Radio gefeuert und 2011 wurde mein Auto abgefackelt.

DIE FURCHE: Thomas Sankara trat für einen afrikanischen Sozialismus und für die Frauenbefreiung ein. Sind das auch Eure Ziele?

Sama: Ich sehe die Dinge nicht ideologisch. Mit afrikanischem Sozialismus kann ich nichts anfangen. Es geht um den menschlichen Kampf. Der Mensch muss glücklich sein. Auch die Frauenbewegung sagt mir nicht viel. Was versteht man darunter? Man muss zu den Fundamenten gehen, den menschlichen Werten. Wie kann ich etwas bewirken, um mein Umfeld zu verbessern?

DIE FURCHE: Wie groß ist die Protestbewegung?

Sama: Es ist eine wichtige Bewegung, die immer mehr Zulauf hat. Nicht nur von jungen Leuten. Bei uns gibt es Aktivisten aus allen sozialen Schichten und Altersgruppen: Anwälte, Universitätsprofessoren, Mechaniker, Geschäftsleute, Arbeitslose. Und wir sind nicht nur in der Hauptstadt Ouagadougou präsent. Es gibt auch eine nationale Koordination. Überall wo sich zehn Leute zusammentun, entsteht ein Club Cibal. Mehrere Clubs haben dann eine regionale Koordination. Lokal geht es um ganz profane Dinge, wie saubere Straßen, aber auch die politische Sensibilisierung der Nachbarn. Wir wollen keine Partei sein, sondern als Zivilgesellschaft Druck ausüben. Wir wollen die erste Kraft des Wandels sein. Schon jetzt passiert nichts, ohne dass wir konsultiert werden. Aber wir haben auch Feinde. Deswegen wollen wir die Revolution von Thomas Sankara weiterführen, ohne dass es die Leute merken. Wenn man von Revolution spricht, erschreckt sie das.

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