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Grenzen zwischen Naturwissenschaft und Theologie.

Gen-Ingenieure erforschen die Struktur des menschlichen Genoms und versuchen, in die geheimsten Winkel des Lebens vorzudringen. Hirnforscher meinen, aufgrund physiologischer Untersuchungen die Willensfreiheit des Menschen in Frage stellen zu müssen. Die Naturwissenschaft im Verein mit Technik und einer Ökonomie, die zum Treibsatz des Ensembles geworden ist, verändert die Welt in irreversibler Weise. Und gleichzeitig werden just in dem technologisch am weitesten fortgeschrittenen Land der Welt, in den usa, die Basisannahmen des naturwissenschaftlichen Weltbilds von christlichen Fundamentalisten nicht nur geleugnet, sondern auch bekämpft - so weitgehend, dass es vor kurzem zu einem Gerichtsprozess wegen Charles Darwin und der Evolutionstheorie gekommen ist.

Laut dem Wissenschaftsmagazin Science gibt es in 31 amerikanischen Bundesstaaten juristische und politische Auseinandersetzungen, ob die Evolutionstheorie in der Schule gelehrt werden darf. Die fundamentalistischen christlichen Kreationisten weigern sich, das biblische Weltbild und die Schöpfungsgeschichte als Ausdruck eines mythischen Bewusstseins und die Evolutionstheorie als wissenschaftliche Erkenntnis anzuerkennen. Für sie ist das biblische Weltbild, die biblischen Erzählungen vom Anfang der Welt und der Menschen Tatsache - so gibt es z.B. ein eigenes wissenschaftliches Institut der Kreationisten, das sich am Berg Ararat in der Türkei auf die Suche nach den Resten der Arche Noah gemacht hat. Angesichts der rund 20 Prozent der us-Amerikaner, die zum christlichen Fundamentalismus neigen, kein Umstand, den man auf die leichte Schulter nehmen kann. Und in Italien ist im Vorjahr die Evolutionstheorie aus dem Lehrplan der Grundschule gestrichen worden - nicht zuletzt auf Betreiben der katholischen Bischofskonferenz. Was offensichtlich fehlt, ist eine Schöpfungstheologie, die Naturwissenschaft und Bibel miteinander ins Gespräch bringt.

Auch wenn Papst Johannes Paul II. den "Fall Galilei" 1992 offiziell als "schmerzliches Missverständnis" bedauert hat, und Naturwissenschaftler wie C. F. v. Weizsäcker sich zusammen mit dem verstorbenen Kardinal König um ein Gespräch zwischen Theologie und Naturwissenschaft bemüht haben - gelöst ist der Konflikt Naturwissenschaft-Theologie keineswegs. So ist um den Genetiker Wolf-Ekkehard Lönning vom Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung eine scharfe Debatte entstanden. Lönning vertritt die so genannte "Intelligent Design"-Hypothese, was von Kollegen als "pseudowissenschaftliche Ideologie" gebrandmarkt wird.

Ob die Welt Schöpfung Gottes oder das zufällige Ergebnis physikalischer, chemischer und biologischer Prozesse ist, hat unmittelbar mit ethischen Fragen und politischen Entscheidungen zu tun. Von der Frage, ob man Lebewesen patentieren oder genmanipulierte Pflanzen anbauen darf bis zur Frage nach der Erhaltung von Koma-Patienten und der Finanzierung von Operationen für alte Menschen durch die öffentliche Hand reicht die Palette ethischer Probleme. Dabei gäbe es naturwissenschaftliche Anknüpfungspunkte für eine neue Theologie der Schöpfung - zum Beispiel bei Erkenntnissen der Chaostheorie und Komplexitätstheorie.

Die Autorin ist Religionsjournalistin beim orf-Hörfunk.

Mehr dazu bei der

7. Ökumenischen Sommerakademie im Stift Kremsmünster

13. bis 15. Juli Referenten:. Wolfhart Pannenberg, Rudolf Taschner, Karen Gloy, Walter Thirring, Catherine Keller, Bernd-Olaf Küppers, Klaus Michael Meyer-Abich.

Informationen: ORF-Landesdirektion OÖ, 0732/6900-24813, http://ooe.orf.at

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