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Mit „heißer Feder“ um eine Kirchenreform

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Gerda Schaffelhofer schreibt sich in ihrem Buch "Werft die Fesseln ab! Kirche neu denken" von der Seele, was angegangen werden müsste, will die Kirche überleben.

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Gerda Schaffelhofer schreibt sich in ihrem Buch "Werft die Fesseln ab! Kirche neu denken" von der Seele, was angegangen werden müsste, will die Kirche überleben.

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Das „Buch ist mit ‚heißer Feder‘ geschrieben“. So beginnt das Vorwort von Paul M. Zulehner: „Es liest sich flüssig. Einmal mit dem Lesen angefangen, hört man nicht schnell wieder auf.“ Dieser Einschätzung des Wiener Pastoraltheologen zu Gerda Schaffelhofers Buch „Werft die Fesseln ab!“ ist wenig hinzuzufügen.

Die langjährige FURCHE-Geschäftsführerin und Chefin der Styria-Buchverlage, die von 2012 bis 2018 als Präsidentin der Katholischen Aktion auch die oberste Laiin der katholischen Kirche des Landes war, macht in diesem Buch aus ihrem Herzen keine Mördergrube. Sie will auf- und wachrütteln und – so der Untertitel – nicht weniger als „Kirche neu denken“. Dabei macht sie auch kein Hehl daraus, dass es auch ihr selbst – etwa an der Spitze der offiziellen Laienorganisation der österreichischen Kirche – nicht gelungen ist, ihre religiöse Heimat zu nachhaltigen Veränderungen zu drängen. „Werft die Fesseln ab!“ ist dennoch das leidenschaftliche Zeugnis einer Angehörigen der „Konzilsgeneration“, die noch einmal oder: endlich einmal sagen will, was in der Kirchenreform Sache ist und was angegangen werden müsste, will die Kirche überleben.

Männerkirche, kirchliches Kastenwesen

Nichts, was Schaffelhofer in dieser Phi­lippika in Buchform zu Papier gebracht hat, wurde nicht schon gesagt oder geschrieben. Erstaunlich bleibt, dass nach all den kirchlichen Enttäuschungen, die Schaffelhofer da beschreibt, sie weder die Verve noch der Drive verlassen hat, nach Veränderung zu schreien. Die Autorin wettert geradezu gegen die Entmündigung durch den Klerus, bäumt sich als eine der Frauen auf, welche jahrhundertelang von der Kirche als „minderwertiges Wesen“ behandelt wurden (und werden), qualifiziert den Zölibat als klerikale Erniedrigung ab und prangert die leib- wie menschenfeindliche Sexualmoral der Kirche an: Der Missbrauchsskandal ist eine Folge von all dem. Auch ein Macht- und ein Reichtums­problem ortet sie in der aktuellen Verfasstheit der katholischen Kirche.

Der Kritik folgen „Mosaiksteine“ zur Kirchenreform – auch da sind in der Sub­stanz bekannte Ideen in den Schaffelhofer’schen Drive eingebettet: Die Autorin fordert nicht weniger als eine Entmachtung der bislang Kirchenmächtigen – die „Sacra Potestas“ und mit ihr die „Männerkirche“ haben ausgedient. Der Pflichtzölibat muss ebenso fallen wie das „kirchliche Kastenwesen“ aus Priestern und Laien, das „Em­powerment der Laien“ ist gefragt. Natürlich fordert die Autorin da auch eine neue Theologie der ­Sexualität und redet dann in der Konkre­tion der Hauskirche als dem „Resonanzraum des Glaubens“ das Wort.

Allein wegen der engagiert vorgetragenen Argumente ist „Werft eure Fesseln ab!“ ein Mutbuch gegen die Resignation, die sich innerkirchlich längst breitgemacht hat. Nicht immer ist der appellative und vereinnahmende Duktus, in den die Autorin wiederholt verfällt, erträglich, wenn sie etwa schreibt: „Wir Frauen sind (...)“ oder „Wir brauchen Mut, Ausdauer und die Bereitschaft für Neues (…)“. Weniger wäre da mehr und vor allem: besser gewesen. Und in den aktuellen Zeitläuften ein Buch zu dieser Thematik mit einer Dornenkrone zu illustrieren, schießt doch übers Ziel hinaus. Das ist schade, denn eigentlich müssten Bischöfe und andere ­Hierarchen sich dieses Buch und seine Argumente zu Herzen nehmen. Hoffentlich tun sie das.

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