Mönche und Scheiche

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Müssten die Österreicher einen Politiker auswählen, den Sie auf die sprichwörtliche "einsame Insel" mitnähmen, würden sie Grünen-Chef Alexander Van der Bellen zum Reisegefährten küren. Diese wertvolle Erkenntnis verdanken wir seit letzter Woche dem Salzburger Institut für Grundlagenforschung. Der grüne Professor hat ein Umfragehoch, seit er im Zuge einer längeren Krankheit im Sommer völlig aus Funk, Fernsehen und Print verschwand. Noch jetzt wirkt es so, als wären ihm Interviews ein Gräuel und die Festlegung auf eine ideologische Linie Qual.

Mag sein, dass es Ausdruck der Harmoniesucht der Österreicher ist, wenn Van der Bellen plötzlich zum Darling der politischen Szene wird. Scharfe Konturen kann man ihm ja wahrlich nicht vorwerfen. In der Studie wurde auch gefragt, in welchem Faschingskostüm man sich Van der Bellen am ehesten vorstellen könnte: Mönch oder Außerirdischer kam heraus. Das passt. Irgendwie ist der Grünen-Chef ja wirklich eine Art Alien der heimischen Innenpolitik.

Dass Wortkargheit offenbar mehr geschätzt wird als Redseligkeit, zeigt sich auch beim langsam anrollenden Präsidentschaftswahlkampf: Benita Ferrero-Waldner braust händeschüttelnd durch die Lande, während Heinz Fischer bisher nicht sehr aufgefallen ist. Das allerdings war auch jahrelang sein politisches Prinzip. Dafür, dass Fischer seit nunmehr 40 Jahren in der Politik werkt, ist seine politische Kontur in der Öffentlichkeit seltsam unscharf geblieben.

Das wird belohnt: Fischer liegt laut Meinungsforschern derzeit deutlich vor Ferrero. In der eingangs erwähnten Umfrage würde man Fischer übrigens am liebsten als Scheich kostümieren. Ganz logisch: Nichts passt dazu besser als würdevolles Schweigen.

Die Autorin ist Innenpolitik-Ressortleiterin der "Presse".

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