Moralsaure Wertediskussion

Werbung
Werbung
Werbung

Der Generationenvertrag ist in Gefahr! Auf diese Schreckensmeldung ist in den letzten Wochen mit viel Moral und Vorwürfen gegenüber der Jugend geantwortet worden, auch ausgesprochene Dummheiten hat es darunter gegeben. Zuerst einmal sind da die Falschen angesprochen worden: Seit Jahren führt uns die empirische Jugendsoziologie vor Augen, dass den Jugendlichen nicht Fun, Event und Party heilig sind, sondern konservative Werte wie Freundschaft und Familie.

Es muss dann aber auch grundsätzlich gefragt werden: Lässt sich die demografische Entwicklung überhaupt mit einer Wertediskussion beantworten? Ich glaube nicht. Gefragt sind vielmehr vernünftige politische und ökonomische Strategien. Schon Martin Luther war der Meinung, Politik und Ökonomie seien Angelegenheiten der Vernunft.

Tatsache ist, dass es in Zukunft mehr Pensionisten und weniger Kinder geben wird. Der ökonomische Anreiz zum Kinderkriegen und die finanzielle Entlastung der Familien als Antworten könnten sich als kontraproduktiv erweisen: Damit würde sich a la longue die Zahl der Erwerbslosen zusätzlich vermehren. Vernünftig ist es vielmehr, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie vor allem für Frauen zu vergrößern. Hier gibt es in Österreich noch genug zu tun, Stichwort: Kinderbetreuungsplätze. Auf die zunehmende Zahl der Alten kann reagiert werden, indem nicht weiterhin Mütter und Arbeitslose vom Erwerbsleben ferngehalten werden. Auf den Rückgang der Geburten kann am besten durch eine geplante und gestaltete Zuwanderung reagiert werden.

Gegenseitige Vorwürfe und eine durch Moralisieren versauerte Wertediskussion fördern den Sozialneid noch mehr. Den Kirchen ist aufgetragen dafür einzutreten, dass der Sozialstaat gerecht bleibt.

Der Autor ist Oberkirchenrat der Evangelischen Kirche A.B.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung