synodaler weg - © Kathpress   -   Pastoraltheologin Regina Polak, Erzbischof Franz Lackner, Rektorin der KPH Innsbruck Petra Steinmair-Pösel (v.li.)

Muss Österreich Synodalität neu erlernen?

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Die katholische Kirche Deutschlands begeht mit ihrem Synodalen Weg ganz andere Pfade als die österreichische. Ein Kommentar.

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Die katholische Kirche Deutschlands begeht mit ihrem Synodalen Weg ganz andere Pfade als die österreichische. Ein Kommentar.

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Wenn es eines Beweises bedurft hätte, wie sehr die – katholischen – Uhren in Österreich anders ticken als jene in Deutschland, dann wurde dieser am 21. September geliefert, als der Salzburger Erzbischof Franz Lackner gemeinsam mit den Pastoraltheologinnen Petra Steinmair-Pösel und Regina Polak die „Nationale Synthese zum synodalen Prozess“ präsentierte, welche von den Bischöfen Mitte August nach Rom geschickt worden war.

Während auf Deutschlands Synodalem Weg die Fetzen fliegen und der Richtungsstreit zwischen Konservativen und Liberalen hart geführt wird, man aber auch mit Ergebnissen aufwartet (vgl. den letztwöchigen FURCHE-Gastkommentar von Gregor Maria Hoff), ist im österreichischen Papier viel von Dialog, einem prozesshaften Geschehen die Rede. Erzbischof Lackner, der Vorsitzende der Bischofskonferenz, sprach bei der Präsentation nicht zuletzt von „ehrlicher Auseinandersetzung“, „aufmerksamem Hören“ und „geistvollem Schweigen“.

In Deutschland wird Klartext geredet, insbesondere das konservative Lager meldet sich lautstark zu Wort, weil es eine Kirchenspaltung ortet, die Glaubenssubstanz und jedenfalls die eigenen religiösen Überzeugungen gefährdet sieht. Auf der anderen Seite haben sich dort so viele Bischöfe wie noch nie Anliegen der Kirchenreformer(innen) zu eigen gemacht – bis hin zur Frage der Ordination von Frauen.

Kein „Aussitzen“ des synodalen Prozesses

Alle heißen Themen werden auch in der österreichischen „Synthese“ angesprochen, aber sie sind eingebettet in weitschweifige Überlegungen zum Prozess des synodalen Weges – von klaren Optionen, die sich daraus ergeben, kann keine Rede sein. Kann sein, dass für die Ergebnisorientierung des Prozesses die Zeit zu kurz war. Aber Hand aufs Herz: In der österreichischen Kirche war zuletzt das Bedürfnis, sich „synodal“ zu engagieren, enden wollend. Wie sich die Zeiten ändern: Vor 25 Jahren fanden sich die katholischen Vorwärtstürmer(innen) (Kirchenvolks-Begehren, „Dialog für Österreich“ …) hierzulande und nicht beim Nachbarn. Da mutet es merkwürdig an, dass in Österreich Synodalität neu erlernt werden muss.

Auffällig an der heimischen Diskussion ist auch, dass aus dem konservativen Lager wenig zu hören ist. Pastoraltheologin Polak, eines der fünf Mitglieder des nationalen Synodenteams, hat am 3. August in der FURCHE angemerkt, sie habe den Eindruck, „dass sich bestimmte Gruppen – zumeist die eher konservativen – dem synodalen Weg entziehen, diesen gleichsam ‚aussitzen‘“. In Deutschland hingegen stemmen sich diese laut gegen den dortigen Synodalen Weg. Das mag schmerzhaft sein, mitunter auch destruktiv. Aber à la longue trägt die offene Auseinandersetzung zur Klärung bei, wie es mit der katholischen Kirche weitergehen soll.

Das Bestechende an den Diskussionen in der deutschen Kirche ist, dass sie vieles, was gern „geistlich“ oder sakral verbrämt wird, als Machtdiskurs identifiziert hat. Der österreichische Zugang verweigert sich dem jedoch und setzt explizit auf geistliche Wege. Diese sind natürlich notwendig und dürfen nicht gering geschätzt werden. Die hier­archisch Mächtigen sollten dennoch viel weniger mit dem „lieben Gott“ kommen, wenn es um Gerechtigkeit gegenüber Frauen und anderen ihrer Schäfchen sowie um bewährte Instrumente wie Gewaltenteilung geht, die Machtmissbrauch minimieren helfen und der Würde aller Getauften eher gerecht werden als paternalistische Gönnerhaftigkeit, die vom Wohlwollen des jeweiligen Hirten abhängt.

Hüben wie drüben ist die Lage längst prekär: Während in Deutschland zurzeit eine „laute“ Austrittswelle aus der katholischen Kirche stattfindet (und Protagonisten wie der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki den Ärger über Krisen-Missmanagement schon fast täglich befördern), geht hierzulande der Auszug aus der Kirche im Stillen weiter. Und gleichfalls hüben wie drüben sind die bislang Engagierten immer mehr dabei. „Der letzte macht das Licht aus“, spottete das DDR-Volk vor mehr als drei Jahrzehnten angesichts der Ausreisewelle aus dem ersten deutschen Arbeiter- und Bauernstaat. Man hofft, dass die katholische Kirche in den deutschsprachigen Ländern diesem Schicksal nicht sehenden Auges entgegengeht.

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