Nach dem Jahr der Barmherzigkeit

Werbung
Werbung
Werbung

Auch nach dem von Papst Franziskus ausgerufenen Heiligen Jahr der Barmherzigkeit ist die Welt kaum barmherziger geworden. Von Barmherzigkeit zu reden, während unzählige Menschen hungern, in der Kälte frieren, in Armut und unter unwürdigen Umständen leben müssen, ist nicht ausreichend. Diktatorische Regime in vielen islamischen Ländern, die ihre Bevölkerung ausbeuten und unterdrücken, zu dulden oder sogar zu unterstützen, verfehlt ebenfalls das Gebot der Barmherzigkeit. Fehlende bzw. unangemessene Investitionen in Bildung und in die Bekämpfung von Analphabetismus, Armut, Arbeitslosigkeit usw. in vielen islamischen Ländern ist den Menschen in diesen Ländern gegenüber unbarmherzig. Es gibt zahlreiche weitere Beispiele, die zeigen, welcher politische Auftrag notwendig ist, um Barmherzigkeit als kollektiven Auftrag umzusetzen. Leider müssen auch wir als westliche Gesellschaften unser Versagen zugeben, Barmherzigkeit in der Außenpolitik umzusetzen. Denn sobald es um eigene Interessen geht, verwerfen wir schnell Grundwerte der Nächstenliebe und der Menschenrechte. Gerne unterstützen wir diktatorische Regime in den islamischen Ländern, wenn es um wirtschaftlichen und politischen Vorteile geht. Und wir wissen sehr wohl, was diese Regime in ihren Ländern anrichten. Wir scheuen auch nicht davor, ihnen Waffen zu liefern, um die eigene Bevölkerung damit einzuschüchtern. Dadurch unterstützen wir sicher nicht die politische Umsetzung von Barmherzigkeit.

Barmherzigkeit ist ein politischer Auftrag und muss von den politischen Akteuren weltweit getragen werden, um gelebte Realität zu werden, in der die gemeinsame Verantwortung für eine barmherzige Welt ernsthaft und aufrichtig angegangen wird, ansonsten bleibt die Rede von Barmherzigkeit eine schöne, aber eben nur eine schöne Rede.

Der Autor leitet das Zentrum für Islamische Theologie an der Uni Münster

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung