Nachrede für dieseN KardiNal

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Seit 20 Jahren ist Christoph Schönborn Erzbischof von Wien. Schon? Auch wenn seine Ära noch in Fluss ist, darf man markante Beobachtungen auflisten: Schönborn wurde im historischen Augenblick der Affäre Groër Erzbischof. Die Affäre um seinen Vorgänger ließ ihn lang nicht los -1998 erklärte er mit vier Amtsbrüdern, zur "moralischen Gewissheit" gelangt zu sein, dass die Missbrauchsvorwürfe gegenüber Groër stimmen. Im selben Jahr musste er den "Dialog für Österreich", den er vom Grazer Bischof und Vorgänger an der Spitze der Bischofskonferenz, Johann Weber, "geerbt" hatte, moderiren - auch wenn er am Vorabend der entscheidenden Delegiertenversammlung krankheitshalber ausfiel. Die Ergebnisse dieses Dialogs wurden ihm in Rom lange angekreidet - und er suchte Österreichs Kirche da durchzulavieren.

Zu Beginn seiner Amtszeit hatte Schönborn den taffen Helmut Schüller zum Generalvikar ernannt, der das betuliche Regime der Erzdiözese durcheinanderwirbelte; so stark, dass er sich -medial unglücklich ("Entlassungsbrief auf dem Fußabstreifer") - Schüllers wieder entledigte.

Schönborns Nähe zu allerlei konservativen Gruppierungen und Ausbildungsinstitutionen, die er hierzulande ansiedelte, ist ebenso sprichwörtlich geworden wie seine Offenheit gegenüber konkreten pastoralen Entscheidungen - etwa als er einen in einer homosexuellen Beziehung lebenden Pfarrgemeinderat zuließ. Auch sein klarer Umgang mit der Missbrauchskrise ab 2010 hat Schönborn Anerkennung gebracht.

Dann wieder die Positionierung in der Evolutionsdebatte 2005, die ihn in Kreationisten-Nähe brachte, von der er mittlerweile wieder Abstand genommen hat. Und zuletzt sein Auftreten als weltkirchlicher Verbündeter von Papst Franziskus - gerade am Vorabend der Bischofssynode in Rom, was ihm ordentliche Konservativenschelte einbrachte.

Nochmals: Die Ära Schönborn ist längst nicht abgeschlossen. Aber als eine in vielen Facetten schillernde, oft nicht schnell einzuordnende Kirchengestalt kann dieser Kardinal schon jetzt gelten. Und das ist ja nicht die schlechteste Nachrede für diesen Oberen einer Ortskirche.

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