Nette Worte, harte Bandagen

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Schaden Kinder tatsächlich der Karriere? Aber sicher! Eine Reportage aus den Kinderzimmern von drei erfolgreichen Frauen.

Mein Mann hat inzwischen jedenfalls eine schöne Karriere gemacht." Isabella Wallnöfer, Mutter zweier Töchter im Alter von fünf und drei Jahren, freut sich darüber. Aber sie kann es auch nicht ganz verhehlen: Wäre sie am Ball geblieben, sie hätte vielleicht auch einen weiteren Aufstieg geschafft. Zumindest hat es ganz danach ausgesehen: Isabella Wallnöfer gestaltete die Medienseite der Presse - ein verantwortungsvoller, interessanter Job, der großen Einsatz und viel Fingerspitzengefühl verlangt.

Einmal Kinder zu haben - das gehörte freilich immer zu ihrem Traum vom erfüllten Leben: 1997 wurde Tochter Laura geboren. "Natürlich kannst du sagen: Ich bin bereit, auf einen Großteil meiner Mutterschaft zu verzichten und leite lieber ein Ressort." Isabella Wallnöfer war es nicht. Sie ging dreizehn Monate in Karenz und nahm die logischen Folgen in Kauf: "Als ich zurückkam, war der Job weg. Das ist natürlich eine harte Bandage, wenn dein Platz besetzt ist." Sie sprang im Niederösterreich-Journal ein. Nicht eben ein Aufstieg!

Hoch motiviert

"Aber ich kann mich wirklich nicht beklagen. Ich darf halbtags arbeiten. Das ist keineswegs selbstverständlich! Der Chefredakteur hat mich gefragt: Wie stellen Sie sich das vor? Und so wurde es dann auch gemacht." Das heißt: Isabella Wallnöfer arbeitet drei Tage die Woche. Mittlerweile - seit ihre zweite Tochter Lea zur Tagesmutti geht - ist sie auch wieder im Medienressort beschäftigt. Die spannenderen Aufgaben werden zwar meist von ihrem Kollegen übernommen, doch damit hat sie sich abgefunden. Nicht abfinden kann sie sich damit, dass man als "berufstätige Mutter immer zwischen zwei Sesseln sitzt". Dabei gibt es für schlechtes Gewissen objektiv keinen Grund. Die Kinder sind bei Tagesmutti und Omi gut aufgehoben und: "Eigentlich kriegt der Arbeitgeber ja sehr viel. Frauen, die halbtags arbeiten dürfen, sind hoch motiviert! Du bist ja froh, dass du arbeiten darfst."

Es gibt genug andere, die dürfen nicht. Claudia Brendinger, 33, war als Sales-Managerin eines niederösterreichischen Stahl-Konzerns hoch angesehen. Bis sie es wagte, ein Kind in die Welt zu setzen. "Ich war abgestempelt als eine, die es sich leicht macht", sagt sie heute. "Stahl - das ist eine Männerdomäne, dort herrschen sehr traditionelle Vorstellungen." Trotzdem wurde vereinbart, nach einem Jahr Karenz über ihre weitere Zukunft in der Firma zu sprechen. "Ich habe mir gedacht, mein Ansehen wird mir helfen. Ich wollte drei ganze Tage pro Woche arbeiten. Das Gespräch war angenehm, und der Verkaufsleiter hat gemeint, er werde sich melden. Ich habe drei Monate auf einen Anruf gewartet!" Die Mitteilung, dass dieser Job hundertprozentige Anwesenheit erfordere und ihre Dienste darum nicht gebraucht würden, kam dann via Einschreiben.

Ganztags zu arbeiten kam für Claudia Brendinger freilich nicht in Frage. "Mütter, die mit dreißig ein Kind bekommen, machen das meist sehr bewusst", meint sie. Mittlerweile hat sie ein zweites Kind zur Welt gebracht, ist sozusagen von einer Karenz in die nächste gewechselt.

Ungenütztes Potenzial

Hätte sie sich auch so beeilt, wenn ihr ein Teilzeitjob angeboten worden wäre? "Sicher nicht". Mittlerweile ist ihr zweiter Sohn, Elias, bald ein Jahr alt, Claudia Brendinger hat sich zur Web-Designerin ausbilden lassen und hat wieder Hoffnung geschöpft, doch wieder in ihrer alten Firma Fuß zu fassen. "Die Eigentümerstruktur der Firma hat sich geändert. Mütter erwerben doch viele Fähigkeiten, die auch im Management gefragt sind - und wenn sie arbeiten dürfen, halten sie ihrer Firma auch die Treue", ist Brendinger überzeugt. "Ich verstehe nicht, dass Unternehmen dieses Potenzial nicht nutzen und statt dessen neue Leute einstellen, die erst mühsam eingearbeitet werden müssen. Dabei ist eine hohe Mitarbeiterfluktuation für eine Firma der Tod."

Fehlende Teilzeitjobs

"Mir tut es gesellschaftspolitisch leid", meint auch die Juristin Julie Simon, "dass die Regierungen der letzten drei Jahrzehnte es verabsäumt haben, Anreize für Teilzeitjobs zu schaffen. Die Frauenministerinnen wollten nur möglichst viele Generaldirektorinnen - aber das geht an den Interessen der Mehrheit der Mütter vorbei." Julie Simon ist Juristin in einem internationalen Konzerns und hat 1994 ihre Tochter Tina adoptiert. Seit Ende der Karenz arbeitet sie halbtags, auch "wenn es Zeiten gibt, da der einzige Teilzeitaspekt meiner Arbeit das Gehalt ist".

Hat das Kind ihrer Karriere geschadet? Sagen wir so: Man bot ihr die Leitung der Vertragsabteilung Osteuropa und Naher Osten an - und Julie Simon lehnte ab. Des Kindes wegen. "Ich habe nicht einmal überlegt." Mit dem Aufstieg wäre auch die Verpflichtung verbunden gewesen, dienstlich nach Osteuropa oder den Nahen Osten zu reisen.

Die Chance hat Julie Simon also vertan. Aber hat sie wirklich etwas versäumt? "Ich bin wirklich gerne Vertragsjuristin." Die Arbeit sei sogar interessanter, "wenn man nicht den Managementjob machen muss," meint Julie Simon und zitiert den Generaldirektor: "Bei uns gibt es nicht eine Hierarchie der Organisation, sondern eine Hierarchie der Kompetenz." In dieser Hierarchie steht Julie Simon ganz oben. Und dann sagt die Juristin einen Satz, den sicher viele Nicht-Juristinnen unterschreiben könnten: "Ich bin schon der Meinung, dass ich Karriere gemacht habe. Weil ich die Karriere eben anders sehe."

Die Autorin ist freie Journalistin und Mutter einer dreijährigen Tochter.

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