Neue Rechte und Pflichten

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Der Entwurf zum neuen Islamgesetz wurde am 2. Oktober präsentiert. Das ursprüngliche Gesetz stammte aus dem Jahr 1912 und damit noch aus der Monarchie. Eine Überarbeitung war deshalb überfällig. Das neue Gesetz regelt nun die Rechte und Pflichten der in Österreich lebenden Muslime neu. Die beiden bisher anerkannten islamischen Religionsgemeinschaften - die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) und die Islamische Alevitische Glaubensgemeinschaft (ALEVI) bleiben bestehen. Weitere islamische Gemeinschaften sind ebenfalls möglich, allerdings in der Praxis (siehe Interview) eher unwahrscheinlich.

Der Entwurf stellt die religiöse Erziehung unter Schutz (Beschneidung!), es regelt die Einhaltung von Speisegeboten in Krankenhäusern, Gefängnissen oder beim Bundesheer, hält muslimische Feiertage fest und garantiert die Erhaltung muslimischer Friedhöfe. Auch die seit längerem geplante islamische Theologie an der Universität Wien wird abgesichert: Ab 2016 muss der Staat dafür sechs Lehrstellen finanzieren.

Für besondere Aufmerksamkeit sorgte nach der Präsentation der sechste Paragraf des Entwurfs. Dort heißt es: "Die Aufbringung der Mittel für die gewöhnliche Tätigkeit zur Befriedigung der religiösen Bedürfnisse ihrer Mitglieder hat durch die Religionsgesellschaft, die Kultusgemeinden bzw. ihre Mitglieder im Inland zu erfolgen." Das bedeute auch, dass künftig keine Seelsorger mehr in Österreich tätig sein dürfen, die vom Ausland aus bezahlt würden, hieß es bei der Präsentation.

Bei den Betroffenen stieß der Entwurf auf geteiltes Echo. Die Aleviten zeigten sich "im Großen und Ganzen zufrieden". Das Gesetz beinhalte "fast alle der von den Aleviten im Zuge der Verhandlungen geforderten Punkte", nur bei "ein paar Kleinigkeiten" sehe man Bedarf nachzuverhandeln, sagte Sprecher Riza Sari.

Seitens der IGGiÖ waren erste Reaktionen eher positiv, am 3. Oktober aber äußerte Pressesprecherin Carla Amina Baghajati dann deutliche Kritik: "Die um sich greifenden Pauschalverdächtigungen gegen Muslime angesichts von Krieg und Terror der IS-Verbrecher scheinen auch der Hintergrund für in letzter Sekunde vorgenommene Verschärfungen bei der Novellierung des Islamgesetzes zu sein." Der Entwurf sei ohne vorherige Zusicherung der Islamischen Glaubensgemeinschaft präsentiert worden und vieles darin sei "verhandlungsbedürftig", schrieb sie. "Derzeit besteht der Eindruck einer 'Lex Islam' - einer Anlassgesetzgebung, mit der die Öffentlichkeit befriedigt werden soll, Muslime nur ja in die Pflicht zu nehmen."

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