Neugierde wecken und digital begegnen

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'Wäre der heilige Dominikus heute noch am Leben, würde er wohl auch Facebook nutzen', ist Schwester Franziska Madl überzeugt.'Um damit noch mehr Menschen zu erreichen.'

Ich bin 30 Jahre alt und bin seit neun Jahren im Kloster", erzählt Schwester Nathanaela Gmoser von den Benediktinerinnen der Anbetung in Wien in einem Video auf Facebook. "Ich bin jemand, der gerne auf andere zugeht; einer, der auch lautstark seine Meinung vertritt", erzählt sie weiter. Sr. Nathanaela ist eine von vier jungen Ordensleuten, die in kurzen Video-Statements über ihren Ordensalltag erzählen, über ihre Berufung oder ihre Arbeit; auch weshalb sie gerade diesem Orden angehören, heute hier leben. Das Video von Sr. Nathanaela ist eines von über dreißig, das in den vergangenen Monaten von den Ordensgemeinschaften Österreichs auf deren Facebook-und Youtube-Seite gepostet und geteilt wurde. Sie dauern von 45 Sekunden bis rund zweieinhalb Minuten. Die Userzahlen beliefen sich bisher auf rund 60.000 Klicks. Viele Nutzer likten und teilten sie nicht nur in ihren eigenen Profilen. Ferdinand Kaineder, Leiter des Medienbüros der Ordensgemeinschaften, ist von dieser neuen Art der Kommunikation überzeugt: "Wir wollen Augen und Ohren anderer öffnen, sie inspirieren, aufklären, Einblicke und Einsichten bieten." Auch viele Orden kommunizieren heute schon über Facebook, Instagram, Twitter oder Youtube; besonders junge Ordensleute sind heute sehr aktiv und untereinander vernetzt, so Ferdinand Kaineder.

Digitale Fußabdrücke hinterlassen

Menschen von draußen wollen das Ordensleben fassen, wissen, wer die Menschen sind, die hier leben, so Ferdinand Kaineder. Es zeigt auch, wie groß "die Sehnsucht der Menschen ist, Ordensleben irgendwie zu erfassen". Schwester Franziska Madl OP ist seit über 16 Jahren Dominikanerin in Wien Ober-St.-Veit und heute Sub-Priorin und Novizenmeisterin des Ordens in Wien. "Ich bin so digital wie viele in meinem Alter", erzählt sie. Seit dem Weltjugendtag in Rom 2010 nutze sie Facebook. Darauf sei sie jeden Tag online, postet und teilt Meldungen -auch jene von anderen Dominikaner-Konventen. Auch vernetzt sie sich darüber mit anderen Ordensleuten in der Ferne, etwa in Australien oder Argentinien. Sr. Franziska betreut auch die Facebook-Seite des Klosters in Wien.

Die reale Wirklichkeit könne die digitale jedoch nicht ersetzen, betont die 38-Jährige. Die Kommunikation von Mensch zu Mensch sei ihr immer noch wichtiger. Auch die Digitalisierung verändere das nicht. Sie sieht in den sozialen Medien, wie etwa Facebook, aber eine Möglichkeit, um mit Menschen, die dem Orden fernstehen, ins "reale Gespräch" zu kommen. Die Video-Botschaften wie etwa jene von Sr. Nathanaela halte sie für eine "super Idee", um junge Menschen anzusprechen.

Instagram habe sie vergangenen Sommer hingegen "verlassen", ebenso Twitter. Die zusätzliche Betreuung beider Kanäle sei ihr zu viel geworden. Ihr schwebt hingegen ein eigener Blog vor, in dem sie in ihren Postings über ihr Leben im Kloster erzählen möchte. Doch dafür fehle ihr aber vor allem eines: viel Zeit.

Ihr Handy klingelt. Sr. Franziska: "Ich habe eben eine neue Nachricht in meiner WhatsApp-Familiengruppe erhalten", verkündet sie und legt das Gerät wieder auf die Seite. Auch ihre Priorin nutze bereits WhatsApp. "Wir tauschen uns auch in einer eigenen Ordensgruppe aus."

Das Ordensleben ist nicht digital, die digitalen Erleichterungen nützen aber der Kommunikation, meint Ferdinand Kaineder: "Wo vermehrt junge Ordensleute tätig sind, ist auch der digitale Fußabdruck stärker."

Unterwegs im Web

Nicht nur Schwester Franziska Madl, auch der Salesianer Peter Rinderer ist seit Jahren im Social Web aktiv. Mit seinen Postings auf Facebook und Instagram möchte er anderen Menschen mit inspirierenden Gedanken Mut machen. Hier schreibt er über Spiritualität, Jugendarbeit und auch über soziale Themen. Ein großer Fan sei er von Instagram, da er hier -Peter Rinderer ist auch Hobbyfotograf -mit Bildern arbeiten und diese teilen kann. Für die Jugendarbeit sei Instagram besonders wichtig: "Jugendliche, die ich kenne, sind heutzutage mehr auf Instagram als auf Facebook."

Der junge Ordensbruder bloggt auch. Regelmäßig erzählt er auf "Peter unterwegs" von seinen Lernerfahrungen und Begegnungen. Auch stellt er hier seine Predigten online. Peter Rinderer: "Meine letzte Predigt, die ich online gestellt habe, haben mehr Leute im Internet angeklickt als in der Kirche saßen." Die Idee dazu kam ihm während seiner Journalismusausbildung an der Katholischen Medienakademie (KMA).

WhatsApp nutzt Peter Rinderer für Kommunikation in Gruppen. In seiner Firmgruppe etwa habe er zuletzt eine neue Form des Betens versucht. "Jeden Tag hat jemand mit eigenen Worten ein Gebet formuliert und in die Gruppe gestellt. Alle haben dann ihr Mitbeten mit einem 'Amen' als Antwort ausgedrückt", erzählt Peter Rinderer. Die Jugendlichen waren davon begeistert.

Für den 31-jährigen Diakon ist das Smartphone ein "Wegbegleiter". Power-User sei er aber keiner, wie er sagt. Den Sync-Modus habe er aber immer ausgeschaltet und die Facebook-App am Handy nicht installiert. Auch bemüht er sich um einen bewussten Umgang mit den E-Mails.

Sehnsüchte wecken

Die Neugier auf klösterliches Leben spiegle sich auch am Interesse am "Freiwilligen Ordensjahr" wider, so Sr. Beatrix Mayrhofer, Präsidentin der Vereinigung der Frauenorden. Analog zum "Freiwilligen Sozialen Jahr" bieten Österreichs Ordensgemeinschaften seit September 2016 ein "Freiwilliges Ordensjahr" an. Franz P. Helm von der Superiorenkonferenz der Männerorden Österreichs ortet in diesem Zusammenhang ein großes Interesse besonders an monastisch-kontemplativen Gemeinschaften.

"Wir müssen neue Wege finden, wie man auf Menschen zugeht oder Menschen erreicht", sagt Ferdinand Kaineder. Persönliche Begegnungen bei Berufungen seien der zentrale Angelpunkt. Die schwindenden Mitgliederzahlen in den Gemeinschaften machen das nicht einfach. Daher setzen auch die Orden unter anderem verstärkt auf Soziale Medien. Dort wolle man eine "wirklich haptische Begegnung mit den Gemeinschaften" niederschwellig ermöglichen, so Ferdinand Kaineder.

An den viralen Erfolg der Videos im Vorjahr möchten die Ordensgemeinschaften heuer wieder anschließen: "Wir werden 2018 aber auch immer wieder Kurzstatementserien aus fünf bis zehn Einzelvideos erstellen und posten", erklärt Ferdinand Kaineder. Diese sollen etwa bei Veranstaltungen entstehen und auf einzelne Themen eingehen. Ordensleute oder auch Verantwortliche in der Ordenswelt sollen darin wieder zu Wort kommen. Für große Statementserien auf Facebook werde es jeweils Pilottrailer geben, für kleinere nicht, so Ferdinand Kaineder. Die Statements werden als Format speziell für Facebook konzipiert.

Sr. Franziska Madl nimmt ihr Smartphone wieder in die Hand. "Wäre der heilige Dominikus heute noch am Leben, würde er wohl auch Facebook nutzen", ist Sr. Franziska überzeugt. "Um damit noch mehr Menschen zu erreichen."

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