Noch nicht alles verloren

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Russen, Serben, Bulgaren und Georgier haben angekündigt, nicht zum Panorthodoxen Konzil zu kommen. Es gibt aber auch Zeichen, die das Gegenteil signalisieren.

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Russen, Serben, Bulgaren und Georgier haben angekündigt, nicht zum Panorthodoxen Konzil zu kommen. Es gibt aber auch Zeichen, die das Gegenteil signalisieren.

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So spannend es Anfang der Woche die russische Kirche bei Beschlussfassung über ihren Boykott des orthodoxen Konzils von Kreta gemacht hatte, so zugeknöpft bleibt das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel mit einer amtlichen Reaktion auf seine Brüskierung als treibende Kraft dieser Kirchenversammlung.

Jedenfalls wurde bekannt, dass Patriarch Bartholomaios I. ab Donnerstag mit seinen Bischöfen im westkretischen Tagungsort Kolymbari bemüht sein wird, von dieser "Heiligen und Großen Synode der Orthodoxie" zu retten, was noch zu retten ist. Die Kontakte zu den "Fernbleibern" Antiochia, Moskau, Georgien, Serbien und Bulgarien seien nicht abgebrochen.

Eine "rettende" Spaltung?

Auf den Fall eines Scheiterns bereitet ein in der griechischen Istanbuler Nachmittagszeitung Apogevmatini erschienener Leitartikel unter dem Titel "Eine Spaltung rettet die Einheit der Orthodoxie" vor. Darin unterstellt Nikolaos Manginas, enger Mitarbeiter und Vertrauter des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I., den das Konzil in letzter Minute boykottierenden Kirchen, "aus Unwissenheit und Unbildung, zur Demonstration politischer Macht und persönlicher Zurschaustellung, sogar aus kirchlichem Abenteurertum" zu handeln. So bleibe kein Platz für Jesus Christus und die vom ihm geforderte Einheit. Manginas wünscht aber jenen Orthodoxen, die sich zur "Heiligen und Großen Synode" versammeln werden: "Gute neue Einheit! Mag diese auch aus der Spaltung und den Intrigen hervorgehen. Der Heilige Geist ist mit uns, haben wir Mut!"

So könnten mit einem Konzil ohne Russen, andere Slawen, Georgier und das seit seiner Arabisierung mit Hilfe der Zaren fest prorussisch festgelegte Patriarchat von Antiochia ganz neue orthodoxe Strukturen aufbrechen. Vor allem in der Ukraine, wo der Ruf nach moskaufreier Eigenkirchlichkeit immer lauter wird. Es ist aufgefallen, dass in letzter Zeit nicht nur Vertreter des schon selbständigen Kiewer Patriarchats und der Ukrainischen Autokephalkirche sowie sogar der ukrainischen griechischkatholischen Kirche bei Bartholomaios I. vorgesprochen haben, sondern erstmals auch der Außenamtsleiter der nur autonomen moskautreuen Orthodoxie in der Ukraine, Erzbischof Mitrofan Jurtschuk von Lugansk. Auch die orthodoxen Abchasier haben sich aus einer Versammlung im Neu-Athos-Kloster im Kaukasus an das Konzil mit der Bitte gewandt, sie aus der alten Vormundschaft durch das georgische und seit Anfang der 1990er-Jahre durch das russische Patriarchat zu befreien. Das umso mehr, als es sich bei Abchasien um eine alte Kirchenprovinz von Konstantinopel handelt.

Doppelzüngige Rede

Andererseits herrscht der Eindruck vor, dass sich auch die "Konzilsgegner" bis zum letzten Moment ein Schlupfloch zu ihrer Teilnahme offen halten. Während Moskau immer mehr Kritik an Bartholomaios und "seinem" Konzil übte, überbrachte gleichzeitig Metropolit Lew Zerpizkij von Nowgorod zu dessen Namenstag ein herzliches Glückwunschschreiben von Patriarch Kirill.

Besonders ausgeprägt ist diese Doppelgleisigkeit bei der serbischorthodoxen Kirche. Ihre Bischofsversammlung ließ in einer geharnischten Erklärung kein gutes Haar an dem Konzil und kündigte dessen Boykott an. Dennoch gratulierte Patriarch Irinej Bartholomaios ebenfalls zum Namensfest. Er stellte in dem persönlichen Schreiben sogar seine Teilnahme auf Kreta in Aussicht.

Jedenfalls ist dort bereits der "starke Mann" der serbischen Orthodoxie eingetroffen, Metropolit Amfilohije Radovic von Montenegro. Er nimmt dort an den Arbeiten einer Sonderkommission teil, die öffentliche Kundmachungen der Kirchenversammlung und ihre Abschlusserklärung vorbereitet. Bei einem Gottesdienst in der Klosterkirche von Gonia, die nahe der Konzilsaula in der Orthodoxen Akademie Kreta liegt, sprach er seine Absicht aus, zum Gelingen dieser Großen Synode der Orthodoxie beizutragen.

Auch aus der georgischen Kirche hat sich der Metropolit des Schwarzmeerhafens Poti, Grigori Berbitschaschwili, mit der Forderung nach einem Widerruf der Absage an das orthodoxe Konzil zu Wort gemeldet. Überhaupt entspräche es nicht konziliarem Geist, die Entscheidung über die Teilnahme an Kirchenversammlungen kollektiven Führungsgremien und nicht jedem einzelnen Bischof zu überlassen. Er behalte sich persönlich das Recht vor, im Namen seines Metropolitansprengels Mingrelien am Schwarzen Meer zum Konzil zu reisen.

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