"Nur gemeinsam können wir viel bewegen"

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Beim jährlichen Familienfasttag schwingen Tausende Frauen ihre Kochlöffel für einen guten Zweck. Sie kochen für andere, sammeln Spenden -und das nach einem "Rezept", das sich seit 60 Jahren nicht verändert hat. Mehrere Suppen brodeln in den großen Töpfen; Schöpfer liegen daneben. 20 Tische sind im Pfarrsaal schon gedeckt. Es war auch heuer im März so, beim Familienfasttag oder Suppensonntag -aber nicht nur in Großriedenthal im Weinviertel, sondern in vielen Pfarren in Österreich.

Frauensolidarität für Frauen

Viele ehrenamtliche Köchinnen scharrten da wieder in den Startlöchern. Gerti Täubler war eine von ihnen: Noch einmal die Suppe kräftig umgerührt, bevor das "Startsignal" kam: die Glocken der Pfarrkirche von Großriedenthal erklangen zum Ende des sonntäglichen Gottesdienstes. Nach und nach strömten dann Männer, Frauen und Kinder in den Pfarrsaal der Gemeinde. Fast schon ein Ritual, das traditionell am zweiten Fastensonntag über die Bühne geht.

Ins Leben gerufen wurde die Aktion Familienfasttag vor 60 Jahren von Herta Pammer. Die damalige Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung wollte damit gegen den Hunger in der Welt "ankämpfen". Über 2,8 Millionen Schilling kamen schon beim ersten "Suppentag" zusammen, was für die damaligen Verhältnisse eine Sensation war. Heute werden in den Pfarren pro Jahr rund 2,4 Millionen Euro gesammelt; rund 800 Euro waren es zuletzt in Großriedenthal.

Auch die Ziele der Aktion haben sich über die Jahre verändert: Die Spenden fließen heute in die Entwicklungshilfe -konkret in über 100 Frauenprojekte in Asien, Lateinamerika und Afrika. Frauen lernen dort, ihre Rechte auf Bildung, Gesundheit, faire Arbeitsbedingungen sowie auf politische sowie ökonomische Teilhabe wahrzunehmen. "Es sind genügend Ressourcen da und es liegt an uns, sie gerecht zu verteilen", sagt Regina Augustin, Generalsekretärin der Katholischen Frauenbewegung. Das Motto "Teilen macht stark" ist bis heute das Markenzeichen der Aktion.

Das 60-Jahr-Jubiläum feiert die Organisation von 9. bis 11. November mit einem Symposium im Bildungshaus St. Virgil in Salzburg. Das Generalthema dort heißt: "Frauen verändern die Welt! Wann führt Empowerment von Frauen zu einer sozialen, ökonomischen und ökologischen Transformation?" Warum findet dieses Treffen nicht vor dem Suppentag in der Fastenzeit statt? Regina Augustin: "Für unsere Frauen in den vielen Pfarren ist die Aktionszeit eine so dichte und bewegende Zeit, dass es nicht möglich wäre, ein internationales Vernetzungssymposium in dieser Zeit zu veranstalten."

"Ich habe mir selber schon oft eine Nudelsuppe gekocht, habe es aber noch nicht gewagt, für eine so große Menge an Leuten eine Suppe zuzubereiten", erzählt Georg Fröschl, Pfarrer von Wien-Breitensee. Er liebe Suppen und schätze die große Auswahl am Familienfasttag in seiner Pfarre. Dieser habe an sich keine eigene theologische Bedeutung, so der Pfarrer: "Die Fastensonntage sind aber insgesamt wichtige Stationen auf dem Weg der Vorbereitung zum Osterfest."

Welche Bedeutung hat Teilen in der katholischen Kirche heute? "Manches wird durch das Teilen vermehrt und nicht weniger", betont Fröschl. Bei jeder Eucharistiefeier ist das Teilen des Brotes zentral -bei der Wandlung, beim Brotbrechen sowie beim Austeilen der Kommunion.

Gemeinschaft heißt Teilen

Auch Gemeinschaft ist, sagt Fröschl, ohne das Teilen nicht vorstellbar: "Wir teilen unsere Zeit, unsere Erfahrungen, unser Glück, unseren Glauben. Das macht uns reich." Für Regina Augustin kommen Motivation und Einsatz für den Familienfasttag ebenfalls aus dem Glauben heraus: "Das Evangelium ist unsere tragende Säule."

"Eine Suppe ist wohltuend, weil sie eine warme Flüssigkeit ist", sagt Claudia Nichterl, Ernährungsberaterin in Wien. "Durch den hohen Gehalt an Vitaminen und Mineralstoffen sind sie auch sehr positiv für unseren Körper." Suppen halten etwa auch den Kreislauf stabil und kurbeln den Stoffwechsel an; auch wirken sie Übergewicht oder metabolischen Erkrankungen bzw. hohem Blutdruck entgegen, so die Expertin gegenüber der FURCHE.

Insgesamt 15 Suppen warteten zuletzt auf die Gäste in Großriedenthal. Nein, Lieblingssuppe habe sie hier keine, verrät Gerti Täubler. "Alle schmecken mir." Bereits seit über 20 Jahren "schwingt" die 58-Jährige den Kochlöffel für den Suppensonntag. Und seit Jahren kocht sie dafür eine Currysuppe. "Bei uns bringen die Frauen die Suppen zu den Tischen", erklärt Gerti Täubler den weiteren Ablauf. Frauensache sei der Suppensonntag aber nicht überall. Thomas zum Beispiel kocht schon seit Jahren Suppen für die Aktion -darunter auch ausgefallene Kreationen. Außerdem leitete er dort bereits zweimal die Aktion Familienfasttag -auch wenn diese grundsätzlich eine Aktion von Frauen für Frauen ist.

Es ist bereits der Nachmittag am Suppensonntag in Großriedenthal. Viele Suppentöpfe sind bereits leer. Gerti Täubler und ihre Kolleginnen sammeln noch Teller, Löffel sowie die Spendenboxen ein. Täubler ist einmal mehr zufrieden. "Ich freue mich schon wieder auf den nächsten Suppensonntag", meint sie: "Weil wir nur gemeinsam viel bewegen können."

www.teilen.at

In den Projekten lernen Frauen, ihre Rechte auf Bildung, Gesundheit, faire Arbeitsbedingungen sowie auf politische sowie ökonomische Teilhabe wahrzunehmen.

Jährlich zur Fastenzeit

Das Suppenessen der Katholischen Frauenbewegeung, das österreichweit an einem Fastensonntag stattfindet, dient dem Teilen und Spenden für Frauenprojekte in den Ländern des Südens (Bild: Suppenessen in Großriedenthal, NÖ).

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