Ökonomin der Reformation

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Die Evangelischen begehen im laufenden Jahr das Gedenken an hervorragende Persönlichkeiten der Reformation wie Landgraf Philipp von Hessen oder Heinrich Bullinger. Wie allzu oft besteht die Gefahr, dass über den wichtigen Männern die Frauen und ihre aktive Beteiligung an der Geschichte in den Hintergrund gedrängt werden. Deswegen möchte ich an eine Frau des 16. Jahrhunderts erinnern, deren Geburtstag sich dieser Tage zum 500. Mal jährt, an Wibrandis Rosenblatt aus Basel. 1524 heiratete sie den Humanisten Ludwig Cellarius, der allerdings schon zwei Jahre später starb. 1528 ging Wibrandis die Ehe mit dem wesentlich älteren Basler Reformator Johannes Ökolampad ein.

Drei Jahre später war Ökolampad tot und ließ Wibrandis mit vier Kindern zurück. Nach nur fünf Monaten wurde sie die Frau des Straßburgers Wolfgang Capito, ein Freund ihres verstorbenen Mannes und Mitarbeiter des Straßburger Reformators Martin Bucer. Als 1541 im Zuge einer Pestepidemie sowohl Wolfgang Capito wie auch Martin Bucers Frau Elisabeth Silbereisen starben, heiratete Wibrandis zum vierten Mal und wurde Bucers Frau. Mit ihm erlebte sie die Wirren im konfessionell zerrissenen Europa und ging mit ihm nach seiner Vertreibung aus Straßburg nach England.

Unnötig zu erwähnen, dass sie in allen vier Ehen eigenständig als Unternehmerin tätig und damit eine der maßgeblichen Ökonominnen der Reformation gewesen war. Bemerkenswert ist allerdings, dass schon Ökolampad, ihr Ehemann Nummer 2, ihre "Christuserkenntnis" hervorhob und Bucer schließlich ihre eigenständige theologische Arbeit förderte.

So hat die Reformation von Anfang an den Frauen in Kirche und Gesellschaft, in Theologie und Verkündigung einen ihnen angemessenen und zukommenden Platz eingeräumt.

Der Autor ist Oberkirchenrat der Evangelischen Kirche A.B.

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