Ökumene "im Steilhang"
In seiner Kolumne "Klipp und klar" setzt sich der Autor mit der Ökumene-Verzögerung anlässlich des - zufällig - gemeinsamen Ostertermins von Ost und West auseinander.
In seiner Kolumne "Klipp und klar" setzt sich der Autor mit der Ökumene-Verzögerung anlässlich des - zufällig - gemeinsamen Ostertermins von Ost und West auseinander.
Heuer werden westliche und orthodoxe Christen das Osterfest am selben Tag feiern, manchmal liegen mehrere Wochen dazwischen - wie der Kalender (im ersten Fall der gregorianische, im zweiten der julianische) halt so spielt. Es wird behauptet, ein gemeinsam vereinbarter Ostertermin als bescheidener Beginn einer Versöhnung sei ein Herzenswunsch der Christen, ernsthaft sei man seit Jahren darum bemüht.
Zweifel sind erlaubt. Die bittere Wahrheit ist: Die Ökumene stockt. Sie ist "im Steilhang" angelangt, wie Ökumene-Kardinal Walter Kasper sagte, das heißt: ein lockerer Haken, ein falscher Tritt, und der Absturz ist nicht aufzuhalten. Was ist los?
Auf orthodoxer Seite weiß man um Machtansprüche des Patriarchen von Moskau, Korruptionsfälle in Griechenland, allerlei Eifersüchteleien. Die katholische Kirche, das ist nach zwei Jahren des neuen Pontifikats klar, ist vor allem um Stärkung eigener "Identität" bemüht. Papst Benedikt hat in Sacramentum Caritatis alle traditionellen kirchenamtlichen Positionen bekräftigt: Pflichtzölibat, keine Kommuniongemeinschaft mit anderen Kirchen und Wiederverheirateten, wieder Theologenzucht (Sobrino!). Den Titel "Patriarch des Abendlandes" hat der Papst wohl abgelegt, um Augenhöhe mit anderen Patriarchen zu vermeiden.
Mit Bartholomaios I. betete Benedikt XVI. in Istanbul im November 2006 um Wiederherstellung voller Einheit, "wann und wie Gott es will". Wie bitte? Hat Gott tausend Jahre nicht gewollt, dass wir mit den Orthodoxen wieder eins seien? 500 Jahre keine Versöhnung mit reformierten Christen? Eine verführerische Formel für fromme Ängstlichkeit. Christen, die die skandalöse Trennung schmerzhaft niederdrückt, werden ungeduldig. Kalenderzufälle reichen ihnen nicht.
Ob Gott sich mit der Rolle des Einigungsverzögerers zufrieden gibt?
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