Österreichische Verhältnisse

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Deutschlands katholische Bischöfe, derzeit zur turnusmäßigen Herbstsitzung versammelt, sind einer Zerreißprobe ausgesetzt. Daß der Papst, wie ein mit 18. September datierter Brief aus Rom endgültig klarmacht, den Kompromiß in der Schwangerenberatung nun doch ablehnt, desavouiert nicht nur den Mainzer Bischof Karl Lehmann, den unermüdlich für den Verbleib der Kirche in der staatlichen Beratung kämpfenden Vorsitzenden der Bischofskonferenz. Die Vorgänge haben die deutsche Kirchenleitung an den Rand der Möglichkeiten gebracht, auch wenn die Bischöfe Lehmann mit großer Mehrheit wieder zum Vorsitzenden wählten. Das gerade in Deutschland gefürchtete Gespenst der "österreichischen Verhältnisse", das heißt einer wegen ihrer Zerrissenheit de facto handlungsunfähigen Bischofskonferenz, beginnt Wirklichkeit zu werden.

Die Parallele zu hierzulande ist die unübersehbare Polarisierung unter den Bischöfen. Dem Rahner-Schüler Lehmann und seinen Mitstreitern steht eine kleine Schar Konservativer gegenüber - vom Kölner Kardinal Joachim Meisner bis zum Hardliner Johannes Dyba aus Fulda. Dieser - deutsche - Konflikt wurde mit Hilfe letzterer Gruppe wieder nach Rom getragen, wo die Entscheidung gegen die Linie Lehmanns fiel. Ein exemplarischer Fall, wie Konfliktmanagement in der Kirche nicht aussehen sollte: Eine mächtige Minderheit weiß, daß mit Hilfe Roms alle in der Ortskirche mühsam errungenen Positionen torpediert werden können. (Wie sehr gleichen diese Vorgänge den österreichischen Erfahrungen der letzten Jahre!)

Eine zweite Parallele in Richtung Österreich: Der Ausstieg der deutschen Kirche aus der staatlichen Beratung, welche für jede Frau vor einer Abtreibung verpflichtend ist, hat auch zur Folge, daß die Kirche zu in Not geratenen Frauen weniger Zugang hat - so wie in Österreich, wo Abtreiben um in dieser Hinsicht vieles "leichter" und die Kirche vom Staat diesbezüglich nicht gefragt ist.

Das ist auch jenem Salzburger Weihbischof entgegenzuhalten, der im Sommer den deutschen Kompromiß in scharfer Form als "Mitwirkung an Abtreibungen" geißelte: Andreas Laun könnte froh sein, wenn die österreichische Kirche solche Möglichkeiten hätte, Abtreibungen zu verhindern wie - noch - die deutsche Ortskirche. Aber auch diesbezüglich dürften beim Nachbarn nun österreichische Verhältnisse einziehen.

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