Ostern als Nagelprobe

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Wo sind die Christen in diesem Land? Sind sie - hohe Fest- und Feiertage ausgenommen - genügend sichtbar? Spürt man ihr Wirken in der Politik, in der Wirtschaft, in der Kultur oder in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens? Und: Wie viele werden sich bei der bevorstehenden Volkszählung als Christen deklarieren?

Dem Taufschein nach ist Österreich noch zu etwa 80 Prozent ein christliches Land. Der Pastoraltheologe Paul Zulehner, dessen Studien sich mit Glaubensüberzeugungen und Werthaltungen befassen, sieht freilich nur mehr 35 Prozent als echte Christen an, die anderen sind zwar mehrheitlich nicht areligiös, aber entweder anderen oder synkretistischen Weltanschauungen zugetan.

Wenn etwas den christlichen Glauben kennzeichnet, dann ist es Ostern - der Glaube an die Auferstehung, an ein Weiterleben in gewandelter Form, doch nicht als Reinkarnation oder Wiedergeburt in dieser Welt. Darin bestand und besteht die Hauptaufgabe der Apostel und ihrer Nachfolger: Zeugen der Auferstehung zu sein. Gebet und gute Werke sind wichtig, sollten aber gemäß der Bibel eher im Verborgenen geschehen. Von Christen ist gefordert, in der Nachfolge Jesu offen für die Wahrheit einzutreten. Neigt aber unser Zeitalter, das vorwiegend nach dem Nutzen einer Sache und kaum mehr nach Existenziellem oder nach Gut und Böse fragt, nicht leicht zur skeptischen Frage des Pilatus: Was ist Wahrheit?

Christus hat sich als den Weg, die Wahrheit und das Leben offenbart. Da man Gott nicht besitzen kann, ist es auch nicht möglich, im Vollbesitz der Wahrheit sein, vielmehr geht es darum, der Wahrheit zu dienen. Die Wahrheit lässt sich weder in klugen Katechismen noch in Katalogen von Geboten erfassen, doch den, der nach ihr strebt, macht sie frei.

Passion und Auferstehung umfassen den Kern dessen, was Christen als Wahrheit gilt: die Kreuzigung am Karfreitag - im wahrsten Sinn des Wortes die Nagelprobe der Liebe Gottes zu den Menschen; der Glaube an die Auferstehung am dritten Tag - die Nagelprobe für den bekennenden Christen. Dieser Glaube ist kein Verdienst, sondern bedeutet Gnade, vor allem aber die Verpflichtung, nicht nur an Festtagen um ein christliches Leben bemüht zu sein.

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