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Johannes Paul II. hat ein Buch über seine Bischofsjahre (1958-78) geschrieben, ein Sammelband von Wladyslaw Bartoszewski erzählt von Begegnungen bekannter Persönlichkeiten mit dem Papst.

Die Jahre zwischen 1958 und 1978 waren eine spannende Epoche in der Kirchengeschichte, geprägt von den Pontifikaten der Päpste Johannes XXIII. und Paul VI. Wenn der gegenwärtige Pontifex Johannes Paul II. ein Buch mit Erinnerungen aus dieser Zeit veröffentlicht, lässt das die Welt natürlich aufhorchen. "Auf, lasst uns gehen!" heißt das jüngst im Salzburger Otto Müller Verlag erschienene Werk. Der polnische Papst knüpft darin an das Buch "Geschenk und Geheimnis" (Styria Verlag, 1997) an, in dem er sich mit dem Priesteramt und seinen eigenen Anfängen als Priester befasste.

Auch der zweite Teil der Papst-Memoiren ist keine chronologisch geordnete Autobiografie, sondern in erster Linie eine in viele Kapitel gegliederte spirituelle Auseinandersetzung mit dem Amt, das Karol Wojtyla in dieser Zeit ausübte, dem Bischofsamt, dessen Ursprung er gleich zu Beginn auf den Ort zurückführt, den er im Jahr 2000 besuchte und an dem einst die zwölf Apostel mit Jesus versammelt waren: "Ich suche die Quelle meiner Berufung. Sie pulsiert dort, im Abendmahlssaal in Jerusalem."

Johannes Paul II. wurde im Sommer 1958 zum Weihbischof und im Jänner 1964 zum Erzbischof von Krakau ernannt. Er beschreibt und deutet die mit dem Bischofsamt verbundenen Symbole, Riten und Aufgaben und geht dazwischen immer wieder auf konkrete Begebenheiten, Orte und Personen, insbesondere in Verbindung mit seiner polnischen Heimat, ein. Dabei kommen auch so spannende Themen wie das Ringen mit den kommunistischen Behörden um die Errichtung einer neuen Kirche in der Krakauer Vorstadt Nowa Huta zur Sprache. "Ein Bischof muss ein Vater sein", lautet eine der zentralen Aussagen, das Geheimnis der bischöflichen Berufung bestehe darin, dass er sich in einer "einzelnen, sichtbaren Gemeinde befindet, für die er eingesetzt ist, und zugleich ebenso in der Weltkirche steht".

Der Papst hebt die große Bedeutung des Zweiten Vatikanischen Konzils als weltweite Kirchenversammlung hervor und weist auch kurz auf die Umsetzung des Konzils in Polen hin. Zur Erhellung der Hintergründe von Entwicklungen in dieser, wie eingangs erwähnt, aufregenden kirchlichen Epoche trägt er wenig bei. Über das Ringen um die Formulierung der Konzilstexte oder über seine Rolle beim Zustandekommen der umstrittenen Enzyklika "Humanae vitae" wird kein Wort verloren. Unter den Personen, die er als Freunde und interessante Gesprächspartner während seiner Bischofsjahre erwähnt, fehlen einige bekannte Namen, beispielsweise der des damaligen Wiener Erzbischofs Kardinal Franz König.

Im Grunde wendet sich das Buch an die Kollegen des Papstes im Bischofsamt und nur am Rande auch an einfache Gläubige. Schon wenn Johannes Paul II. am Beginn des Buches von "wir" spricht, meint er damit die Nachfolger der Apostel und Hirten der Kirche. An diese Gruppe wendet er sich auch im letzten Absatz des Schlusskapitels, als er auf den dem Markusevangelium entlehnten Titel des Buches Bezug nimmt und erklärt, sie sei "in besonderer Weise an uns Bischöfe, seine auserwählten Freunde, gerichtet": "Als Nachhall der Worte unseres Meisters und Herrn wiederhole deshalb auch ich einem jeden von euch, liebe Brüder im Bischofsamt: Auf, lasst uns gehen!' Gehen wir im Vertrauen auf Christus. Er wird uns begleiten auf unserem Weg bis zu dem Ziel, das nur er kennt." Heiner Boberski

Prominente Treffen

Keine Autobiografie, sondern einen streckenweise originellen Zugang zu Karol Wojtyla bietet der von Wladyslaw Bartoszewski herausgegebene Sammelband "Die Kraft des Augenblicks" an. Der polnische Ex-Außenminister und katholische Paradeintellektuelle versammelte Promis aus aller Welt, die über ihr Zusammentreffen mit dem Pontifex aus Polen erzählen.

Dass von den 35 Beiträgen im Buch - darunter leider nur ein einziger von einer Frau! - manche "staatstragend" formuliert sind, war zu erwarten. Aber man muss den Band ja nicht wegen der Wortspenden von George Bush sr., Helmut Schmidt oder Michail Gorbatschow lesen. Denn es gibt da auch erfrischend neue Zugänge und einiges an Persönlichem, was bislang über diesen Papst nicht zu lesen war. Dass zu diesem Strauß an Stimmen die Polen einen herausragenden Beitrag leisten, verwundert wenig: So ventiliert Literaturnobelpreisträger Czeslaw Milosz die "jagiellonische" Idee und die darin ausgedrückte Verbundenheit von Polen, Litauen, Weißrussland und der Ukraine. Auch die Entstehungsgeschichte des 2002 erschienenen päpstlichen Gedichtbandes "Römisches Triptychon", die der Dichter Marek Skwarnicki erzählt, fördert Neues zu Tage.

Interessant auch der Zugang, den einige Kardinäle für den Band beisteuerten (darunter noch ein Wort von Kardinal König über die Weltpolitik und den interreligiösen Dialog der Ära Wojtyla): Dabei berühren die Schilderungen von Kardinal Ratzinger und des Leiters des Päpstlichen Kulturrates, Kardinal Poupard, und man erfährt auch, wie Ratzinger zum Chef der Glaubenskongregation wurde. Ein anderer Deutscher, der CDU-Politiker Norbert Blüm, bewundert die sozialen und politischen Aussagen des Papstes, der deutsche Staatsrechtler Ernst-Wolfgang Böckenförde schließt sich an, wenngleich letzterer anmerkt, dass kritische Anfragen an dieses Pontifikat in Bezug auf den innerkirchlichen Rigorismus in seinen Begegnungen mit Johannes Paul II. unbesprochen blieben. Otto Friedrich

AUF, LASST UNS GEHEN! Erinnerungen und Gedanken. Von Johannes Paul II. Weltbild Verlag, Augsburg 2004, 224 Seiten, geb., e 14,95

DIE KRAFT DES AUGENBLICKS. Begegnungen mit Papst Johannes Paul II. Hg. Wladyslaw Bartoszewski. Verlag Herder, Freiburg 2004, 224 Seiten, geb., e 20,50

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