Papst kommt vielleicht (nicht)

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Die siebenbürgische Vorzeigemetropole Hermannstadt bereitet sich auf die Dritte Europäische Ökumenische Versammlung im September 2007 vor.

Presslufthämmer und Wagenladungen von Sand, Arbeiter, die die neue Straßenbepflasterung der Fußgängerzone auflegen. Am Großen Ring, der PiaÛta Mare, ist eine Bühne aufgebaut, auf der jeden Abend des Internationalen Theaterfestes, das dieser Tage stattfindet, ein Konzert mit lokaler Rockmusik zu hören ist: Die malerische Innenstadt von Hermannstadt ist gleichermaßen pulsierend wie eine hektische Baustelle, denn die Stadt putzt sich für 2007, das Jahr der Jahre, heraus. Wer allerdings von der Altstadt über die "Lügenbrücke" in die Unterstadt steigt, sieht, dass auch in der Vorzeigestadt Siebenbürgens noch viel, sehr viel zu tun ist, um etwa den Renovierungsstandard ungarischer Städte zu erreichen.

2007?! In jenem Jahr, das Rumänien den EU-Beitritt bescheren wird, will Hermannstadt - rumänisch Sibiu, ungarisch: Nagyszeben - als Kulturhauptstadt Europas glänzen. Und im September des gleichen Jahres wird in der Stadt - nach Basel 1988 und Graz 1997 - die 3. Europäische Ökumenische Versammlung EÖV3 stattfinden: Hermannstadt will 2007 auch "Ökumene-Hauptstadt" sein. Journalisten aus Österreich waren letzte Woche in Siebenbürgen unter Leitung des Wiener rumänisch-orthodoxen Bischofsvikars Nicolae Dura unterwegs, um das ökumenische Klima im Land und bei den Leuten zu erkunden.

3000 Delegierte aller christlichen Kirchen Europas werden sich Anfang September 2007 in Hermannstadt versammeln - veranstaltet wird der Christen-Event von der Konferenz europäischer Kirchen Europas KEK, dem Zusammenschluss der protestantischen und orthodoxen Kirchen, sowie deren katholischem Pendant, dem Rat der Europäischen Bischofskonferenzen CCEE. Gut 3000 Einzelzimmer müssen dann in Hermannstadt zur Verfügung stehen - eine Herausforderung an die Infrastruktur, denn von solcher Zahl an Quartieren ist die Stadt noch weit entfernt. Aber bis zum September '07 ist dieses Problem gelöst, verspricht der evangelische Bibelwissenschafter Hans Klein, der das lokale Organisationskomitee für die EÖV3 leitet. Ein wenig stößt es Klein zwar auf, dass alle Delegierten aus dem "reichen" Europa partout Einzelzimmer haben wollen, aber man wird sich nach der Decke strecken und es den Gästen jedenfalls nicht an jenem Komfort mangeln lassen, der für viele Rumänen nach wie vor ein Fremdwort ist.

"Das Licht Christi scheint auf alle": Das Motto der EÖV3 soll, so Hans Klein, zu "geistlicher" Begegnung, nicht zu "Aktionismus" einladen. Das Lokalkomitee hofft, zusätzlich zu den Delegierten auch Pilger aus ganz Europa nach Hermannstadt zu bringen: Für 30.000 sollten - einfache - Quartiermöglichkeiten aufzutreiben sein.

Hermannstadt ist ein ökumenisch fruchtbarer Boden, in der Stadt herrscht - wie in vielen anderen Teilen Siebenbürgens seit jeher ein "ökumenisches" Klima. Katholiken, Lutheraner, Reformierte sind mittlerweile kleine Minderheiten geworden: Weil in den 1990er Jahren 90 Prozent der Deutschstämmigen Rumänien verlassen haben, ist etwa die Zahl der Evangelischen von 187.000 auf 15.000 gesunken; Hans Klein, der auch Dekan der Hermannstädter Evangelisch-Theologischen Fakultät ist, zählt gerade noch 14 (!) Hörer an der gesamten Fakultät.

Doch auch wenn die Siebenbürger Sachsen wenige geworden sind, spielen sie gesellschaftlich eine unübersehbare Rolle. Politisches Aushängeschild der Deutschen ist der Bürgermeister von Hermannstadt, Klaus Johannis, der nun schon die zweite Amtsperiode der Stadtverwaltung vorsteht. Über Rumänien hinaus ist sein Ruf als Erneuerer verbreitet, die Erfolge lassen sich sehen - von der Korruptionsbekämpfung (in Rumänien nach wie vor ein Topthema) bis zur niedrigen Arbeitslosigkeit - unter fünf Prozent liegt sie, wie Johannis den österreichischen Journalisten nicht ohne Stolz vorrechnet. Natürlich freut sich der Bürgermeister auch aufs Ökumene-Treffen in seiner 170.000 Einwohner-Stadt.

Größte Konfession ist auch in Hermannstadt die rumänischorthodoxe Kirche, die - nicht nur im Vergleich zu anderen orthodoxen Landeskirchen - ökumenisch aufgeschlossen ist: Hans Klein erzählt dazu den erstaunten Journalisten, dass in der orthodoxen Kathedrale von Hermannstadt sogar das Konterfei des evangelischen Bischofs der Stadt an die Wand gemalt ist.

Der rumänisch-orthodoxe Metropolit von Sibiu (Hermannstadt), LaurenÛtiu (Streza), empfängt die Journalisten am Christi Himmelfahrtsfest, das hier eine Woche nach dem westkirchlichen Termin begangen wird. LaurenÛtiu ist gerade aus Nordirland zurück, wo sich eine Tagung der KEK mit der EÖV3 auseinander gesetzt hat.

Inzwischen machen Mutmaßungen die Runde, auch der Papst könnte nach Hermannstadt kommen. Metropolit LaurenÛtiu meint auf entsprechende Fragen, die rumänische Orthodoxie würde sich über einen Besuch Benedikts XVI. bei der EÖV3 freuen. Es könnte nach den Worten des Metropoliten da zum Treffen höchstrangiger Kirchenführer kommen (mit Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel, mit Patriarch Aleksij von Moskau?). Allerdings räumte der rumänisch-orthodoxe Erzbischof ein, dass es sehr wohl auch Widerstände gegen ein Kommen des Papstes zur EÖV3 gebe. "Manche empfinden den Papstbesuch als Störung", deutetete LaurenÛtiu entsprechende Vorbehalte aus den protestantischen Kirchen an.

Schon im Umfeld der EÖV2 in Graz 1997 hatte es ähnliche Spekulationen um ein Treffen des Papstes mit den Patriarchen von Moskau und Konstantinopel gegeben; die weit gediehenen Planungen zerschlugen sich aber an Fragen der Rangordnung der Kirchenoberhäupter. Man wünscht Hermannstadt/Sibiu/Nagyszeben, dass solches, dem Anlass und der ökumenischen Idee unwürdige Gezerre der EÖV3 erspart bleibt.

Der Lokalaugenschein in Hermannstadt zeigte jedenfalls, dass vom Blickpunkt der ökumenischen Offenheit aus - gerade was die Brückenfunktion zwischen Ost-und Westkirche betrifft - Rumänien zur Zeit ein goldrichtiger Boden ist.

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