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Heuer fallen das jüdische Pesach-Fest und Ostern zusammen. Am Abend des Karfreitag feiern Juden mit dem Seder-Mahl die Erinnerung an den Auszug aus Ägypten. Aus dem Buch Exodus wird auch am Samstag in der Synagoge gelesen -und in der Osternacht in vielen Kirchengemeinden, die manchmal am Gründonnerstag auch ein Pesach-Mahl nachstellen.

Die geteilten historischen Quellen und liturgischen Parallelen sollten nicht über die theologischen Konflikte zwischen Juden und Christen hinwegtäuschen, die in diesen Tagen besonders deutlich werden. Die von Papst Benedikt XVI. rehabilitierte Karfreitagsfürbitte hofft auf die Erleuchtung der Juden, dass Jesus der Erlöser aller Menschen sei -ein Rückfall hinter die neuere Fassung, die um die Treue der Juden zu ihrem Bund betet. Noch drastischer ist das oft zur Kreuzverehrung gesungene Lied "O du mein Volk, was tat ich dir?" In einer populären Fassung heißt die erste Strophe: "Ägyptens Joch entriss ich dich, du legst des Kreuzes Joch auf mich." Die folgenden Verse variieren das Motiv, das Volk habe seinen Heiland verraten und sei für dessen Kreuzigung verantwortlich.

Zur Verteidigung wird angeführt, das Volk im Lied sei das ganze Gottesvolk, nicht die Israeliten/Juden. Damit würde zwar die Darstellung der Juden als Christusmörder abgelehnt. Dennoch enthält diese Entschärfungsstrategie eine ebenfalls problematische Logik: Die Juden sind nur noch Beispiel für den Bund mit Gott. Ihr Bund hat sich mit dem Kommen des Heilands erfüllt und ist nur mehr Vorläufer des neuen Bundes. In dieser "Substitutionstheologie" werden sie durch die Kirche als neues Volk Gottes ersetzt. Obwohl diese Ideen in der DNA des Christentums verankert sind, gibt es Versuche, sie zu überwinden. In der Hoffnung darauf: Chag Pesach sameach und Frohe Ostern!

Der Autor ist Wissenschafter am Institut für Jüdische Theologie der Universität Potsdam

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