Jesus im Tempel - © Evangelische Pauluskirche

Pfarrerin Elke Petri: „Mag nicht verschweigen“

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In der Evangelischen Pauluskirche in Wien III. gibt es antijüdisch konnotierte Glasfenster, gestaltet von einem NS-Künstler in den 1960er (!!!) Jahren. Pfarrerin Elke Petri über den Umgang mit diesem „Erbe“.

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In der Evangelischen Pauluskirche in Wien III. gibt es antijüdisch konnotierte Glasfenster, gestaltet von einem NS-Künstler in den 1960er (!!!) Jahren. Pfarrerin Elke Petri über den Umgang mit diesem „Erbe“.

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Von der Evangelischen Pauluskirche in Wien-Landstraße sieht man zuerst das vier Stockwerke hohe Kreuz, das die Fassade eines Wohnhauses
am Sebastianplatz dominiert. Unterm Kreuz findet sich der Eingang in die 1962–70 erbaute Kirche, die innen heute von einem Lichtkreuz hinter dem Altar, der Kanzel und dem Taufbecken aus Eschenholz beherrscht wird. Ein Kirchenraum, in dem der Blick der Versammelten aufs Kreuz hin zentriert ist.

An den Seitenwänden im Hauptraum und auf der Empore finden sich Glasfenster, die der Künstler Rudolf Böttger Ende der 1960er Jahre gestaltet hat. Böttger war ein prominenter Nationalsozialist, der sich nach 1945 nicht von seiner NSDAP-Vergangenheit distanziert hat. Und auch das Bildprogramm der Fenster zeigt, dass sich der Schöpfer der Fenster immer noch der NS-Gedankenwelt und der Judenverachtung verpflichtet fühlte. So sind auf den Fenstern ausschließlich neutestamentliche Szenen dargestellt. Der Christus des Rudolf Böttger weist die Merkmale eines jungen arischen Mannes auf, und wo Kinder zu sehen sind, glaubt man „deutsche Mädchen“ vor sich zu haben. Im Bild, auf dem Juden dargestellt sind – in der Szene, in der der 12-jährige Jesus mit den Schriftgelehrten im Tempel diskutiert (Bild oben) –, werden diese mit Hakennase und „verschlagenem Blick“ dargestellt. – Das Bildprogramm des Stürmers noch in den 1960er Jahren in einer Kirche angebracht!

Mit Scham stellen wir fest, dass sich unsere Kirchen für das Schicksal der Juden und ungezählter anderer Verfolgter unempfänglich gezeigt haben. – Unser Herr Jesus Christus war nach Herkunft Bildung und seinem Glauben an Gott Jude und als Jude zu verstehen. – Darum distanzieren wir uns von der Darstellung der Juden in diesem Bild und von dem
Geist, aus dem diese Darstellung kommt.

Seit 2003 befindet sich diese, vom Leitungsgremium der Pfarrgemeinde unterfertigte Tafel bei diesem Bild. Elke Petri, die Pfarrerin an der Pauluskirche, erläutert im Gespräch, wie ihre Gemeinde mit dieser „antijüdischen Belastung“ umgeht.

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