Pionier der christlich-jüdischen Verständigung

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Ein paar kurze Worte für jemanden, der viele Worte gemacht hat. Jedes Stichwort konnte er aufgreifen, es geistreich, mit umfassendem Wissen und druckreif weiterspinnen. Bisweilen verirrten sich seine Konstruktionen, aber seine Analysen waren punktgenau. Zu aller Intellektualität kam seine musische Seite, das Erbe seiner bürgerlichen Herkunft aus Braunschweig, wo er 1930 das Licht der Welt erblickte. Nach dem Studium der alten Geschichte in Tübingen und Göttingen brachte ihn die Liebe zu seiner Frau ab 1953 nach Österreich.

Als selbstbewusster Protestant war er allergisch gegenüber jeglichem Klerikalismus und zugleich aus tiefstem Herzen ökumenisch eingestellt: Die Kraft der Heiligen Schrift - der Tora und des Evangeliums - sprengt jede Grenze. Immer wieder traf sein heiliger Zorn auch die eigene Kirchenleitung: Kompromisse waren ihm stets suspekt. Beliebt ob solcher Geradlinigkeit war er nicht bei jedem.

Die Begegnung mit ihm führte in eine faszinierende Geisteswelt, verbunden mit konkretem Engagement, garniert mit vielfältigen Anekdoten: als Generalsekretär der Evangelischen Studentengemeinde in Österreich, als Leiter der Evangelischen Akademie Wien, als Vorsitzender des Rings Österreichischer Bildungswerke, im Kuratorium des ORF, als Vorsitzender des Solidaritätskomitees für die Rechte der Kärntner Slowenen und bei der Gründung des Österreichischen Informationsdienstes für Entwicklungspolitik. Die Comenius-Fakultät Prag verlieh ihm 1990 die Ehrendoktorwürde der Theologie, im selben Jahr wurde er mit dem Renner-Preis ausgezeichnet.

Der ungekündigte Bund

Zu seinem öffentlichen Leben gehörte auch sein familiäres: Die Wertschätzung, die seine Frau und er einander schenkten, konnten alle Weggefährten miterleben und sich freuen, wie beiden das trotz unterschiedlichster Charaktere immer wieder gelang.

Als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Juden und Christen beim deutschen evangelischen Kirchentag, als Generalsekretär der Aktion gegen den Antisemitismus in Österreich und als Vorstandsmitglied des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit fand er Respekt im Internationalen Rat der Christen und Juden. Für seine Bemühungen um das jüdische Schulwesen erhielt er im Jahr 2000 die Silbermedaille des Bundesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden.

Den Beziehungen zwischen den protestantischen Kirchen und dem Judentum galt sein besonderes Augenmerk. Bleibend ist sein Beitrag im Standardwerk "Kirche und Synagoge". Die Bedeutung der Schwedischen Mission in der Wiener Seegasse und ihres Pfarrers Felix Propper brachte er ins Bewusstsein der Öffentlichkeit. Ein besonders wachsames Auge warf er auf den Umgang seiner Kirche mit ihrer Vergangenheit im Nationalsozialismus. Seine Mitarbeit bei der Erklärung der Generalsynode 1998 "Zeit zur Umkehr - Die evangelischen Kirchen in Österreich und die Juden" hat Weichen gestellt. Die Ablehnung jeder Form kirchlicher Judenmission trägt seine Handschrift, das Wort vom "ungekündigten Bund" Gottes mit seinem erwählten Volk war zentral für sein Denken.

Ulrich Trinks ist am 29. Mai in Wien verstorben.

Markus Himmelbauer

(Geschäftsführer des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit)

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