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„Plappert nicht wie die Heiden!”

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Behutsamkeit und Genauigkeit im Sprechen von und zu Gott forderte der Salzburger Dog-matiker Gottfried Bachl bei den St. Georgener Gesprächen.

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Behutsamkeit und Genauigkeit im Sprechen von und zu Gott forderte der Salzburger Dog-matiker Gottfried Bachl bei den St. Georgener Gesprächen.

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Die Sprache des Gottesdienstes und die Sprache der Gebete werden verbreitet als zu abstrakt und zu leer empfunden. Gott kommt in der „Diplomatensprache unserer Liturgie” bedauerlicherweise oft nur sehr verkürzt vor. Gottfried Bachl sprach sich entschieden gegen die vielfach geübte Praxis aus, Gott in weit ausladenden Fürbitten gleichsam vorschreiben zu wollen, wie er in der Welt zu handeln habe. Der christliche Gott, der stets der jeweils größere und andere ist, der alles Geschöpfliche umfassend schon weiß, worum wir bitten, dieser Gott darf nicht in einer mißbrauchenden Instrumentalisierung verkürzt und verfälscht werden. Für ihn zählt einzig die Bitte selbst, die radikal verstanden zu einer Lebenshaltung wird.

Die Sprache der Dichter - Bachl hat dies an Gedichten der großen Kärntner Lyrikerin Christine Lavant verdeutlicht - kann uns helfen, unsere Sprach- und Gebetsnot zu bewältigen. Eine Ergänzung von der Seite der Dichtung her und ein immer wieder notwendiger Blick auf die großen biblischen Beter, sei es auf Hiob, auf die anonymen Beter des Psalters oder auf Jesus von Nazareth, sind dringend vonnöten.

Aber Gottfried Bachl beschränkte sich in den Ausführungen seiner Vortragsreihe nicht bloß auf das binnen-kirchliche Sprechen von und zu Gott. Der jüdisch-christliche Gott ist auch außerhalb der Kirche ins Gerede gekommen, was Bachl im Kontext der mythenfreundlichen Monotheismuskritik der vergangenen drei Jahrhunderte eindrucksvoll belegte. Gerade im Zuge der ökologischen Diskussion der vergangenen zwei Jahrzehnte wurde und wird immer wieder der Vorwurf erhoben, der jüdisch-christliche Eingottglaube begünstige die technisch-wissenschaftliche Fortschrittsidee derart unkritisch, daß damit einer bloß instrumenteilen Nutzung der geschöpflichen Dinge Tür und Tor geöffnet werden.

Der Salzburger Dogmatiker wehrte sich entschieden gegen diese Ansicht und warnte davor, alles christliche Weltverhalten an der biblischen Formel „... bevölkert die Erde, unterwerft sie euch ...” (Gen, 1,28) festzumachen. Ohne diese mögliche und zum Teil auch praktizierte Einseitigkeit der christlichen Religion zu ignorieren, versuchte der Referent zu zeigen, daß sich das christliche Weltverstehen nicht in einem bloß aktiven, Zwecke setzenden Tun und Handeln erschöpft. Es kennt auch den beschaulichen Umgang mit der geschöpflichen Wirklichkeit, die Kontemplation. Doch nicht nur der Aufweis dieser spezifisch christlichen Polarität, sondern auch die „Entzauberung” eines romantisch verklärten Mythenverständnisses, das oft sehr unreflektiert von einem „Frieden mit der Natur” spricht, floß in die Antwort ein.

Wo ist Gott und wie handelt er?

Ein weiterer Schwerpunkt dieser theologischen Woche beschäftigte sich mit den Ernstfällen des christlichen Glaubens und seinen Zumutungen. Wo ist Gott und wie handelt er, wenn Menschen unschuldig leiden, ganz im stillen oder auf den Schauplätzen des Krieges? Wie soll man umgehen mit dieser Frage, die seit jeher Menschen provozierte, mit Gott zu hadern, oder gar angesichts seiner dunklen Unerklärbarkeiten zu resignieren?

Bachl sagte, daß diese Extremsituationen in der jüdisch-christlichen Gottesgeschichte keineswegs die Ausnahme bilden, sondern daß gerade im biblischen Monotheismus die Frage des Leidens erst ihre äußerste Schärfe erreicht. Hier kann keine einfache

„Umverteilung” von Leid und Schuld stattfinden, wie sie innerhalb der Götterwelt des Mythos selbstverständlich stattfindet. Der leidende Mensch steht mit seinem Schmerz allein vor Gott. Auch Jesus Christus ist mit einem Schrei der Verlassenheit gestorben.

In diesen sensiblen Fragen ist besonders die Aufrichtigkeit des christlichen Zeugnisses gefragt. Deshalb analysierte Bachl die traditionellen Antworten auf die Frage nach dem Sinn des Leidens, denen stets nur im Detail zuzustimmen ist. Der große Rest bleibt verborgen, wenn die christliche Tradition dem Leid einen pädagogischen, einen strafenden oder gar einen ästhetischen Sinn hinzufügen will. Hier kann nicht alles gewußt werden.

Was die christliche Tradition aber überzeugter sagen sollte, so der Theologe, muß sie im Modus der Hoffnung sagen, in der Zuversicht, daß Gott unseren Weg mitgeht und daß Gott diesen Weg in ein gutes Ziel führt, wo der Sinn des Ganzen aufscheinen wird.

Die vom Kärntner Diözesanbischof Egon Kapellari initiierten „St. Georgener Gespräche” im Rildungshaus St. Georgen am Längsee fanden nun zum 13. Mal statt. Nächster Referent von 23. bis 27. Oktober 1996 der Fundamentaltheologe Johann Baptist Metz sein.

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