Politik bestimmt das Wirtschaftsklima

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Klimafragen stellen sich nicht nur, wenn es um Wetterprognosen geht. Im übertragenen Sinn beschäftigen sie uns auch, wenn sich das Wirtschaftsklima ändert und die ökonomische Großwetterlage Anlass zur Sorge gibt. Als sich im Herbst der Horizont an den Börsen verdüsterte, konnten die teils heftigen Kursverluste noch als überfällige Korrektur nach einer langen Schönwetterphase interpretiert werden. Mittlerweile zeigen sich jedoch auch ganz reale Gewitterwolken. Schon korrigieren die Weltbank-Ökonomen ihre bis vor Kurzem noch deutlich optimistischeren Prognosen nach unten.

Realwirtschaftlich ist jedoch kein überzeugender Grund für eine Abkühlung der Dynamik auszumachen, gibt es doch in vielen Regionen der Welt einen unglaublichen Aufholbedarf. Das gilt für ehemalige Planwirtschafts-und nunmehrige EU-Länder wie Rumänien oder Bulgarien ebenso wie für zahlreiche Staaten des asiatischen Raumes und schon gar des Nahen Ostens und Afrikas.

Denn so sehr auch der isolierte Blick auf saturierte Marktwirtschaften ein Ende des Wachstums nahelegen würde, so realitätsfern ist diese Sichtweise, wenn all die bisher benachteiligten Zonen einbezogen werden. Dort bedarf es zur Schaffung zumutbarer Lebensbedingungen dringend wirtschaftlicher Belebung - und die geht nun einmal mit Wachstum einher. Nur so entstehen Arbeitsplätze, nur so Kaufkraft, nur so die nötigen Steuereinnahmen, um jene Grundfunktionen zu finanzieren, ohne die kein Rechtsstaat und damit auch keine Wirtschaftsordnung funktionieren. Die Umweltkosten dieses Wachstums erhöhen noch unsere Verantwortung für umso konsequentere klimaschonende Strategien.

Großwetterlage der Verunsicherung

Die eigentlichen Ursachen des sich abkühlenden Wirtschaftsklimas liegen diesmal wohl in einer politischen Großwetterlage der Verunsicherung. Da sind zunächst die innereuropäischen Gewitterzonen vom Brexit über handlungsschwache Regierungen in den größten EU-Staaten bis zu offenen Fragen zur Zukunft der Eurozone. Dazu kommen die Handelskonflikte der USA mit China und Europa, komplettiert durch den Iran-Boykott. Dem übergeordnet eine Krise traditioneller Geschäftsmodelle im Handel und in der Autoindustrie, getrieben durch digitale Technologien in den Händen amerikanischer Beinahe-Monopole. Aus dem Abwarten von Entscheidungen und der damit verbundenen Kaufzurückhaltung entstehen dann jene Stimmungslagen, die der Konjunktur mit einem Mal ein negatives Vorzeichen geben. An den Börsen löst das opportunistische Handlungsweisen aus, die den Zyklus nach unten noch weiter verstärken. Eine nachhaltige Schönwetterlage wird wohl erst dann wieder zu erwarten sein, wenn es gelingt, die politischen Unruheherde durch kluge Entschlossenheit zu erneuerter internationaler Kooperation wieder zu beruhigen. Bis dahin bleiben ökonomische Wettervorhersagen eine höchst unsichere Angelegenheit.

Wilfried Stadler

Heinz Nußbaumer ist derzeit auf FURCHE- Leserreise im Oman unterwegs. Seine nächste Kolumne erscheint in zwei Wochen.

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