Politik und Bildung oder Führer

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In der gegenwärtigen Entwicklung von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur geraten die weniger ausgebildeten Menschen in einen "Verlierersog". Sie erleben sich als Modernisierungsverlierer. Wie einer aus dem Wiener Schöpfwerk vor laufender Kamera gesagt hat: Noch gehöre ich zu denen in der Mitte, aber morgen werde ich mit wenigen aufsteigen oder mit vielen absteigen. Eben diese Personen haben bei der letzten Wahl die FPÖ gewählt.

Menschen mit weniger Bildung (also FPÖ- und SPÖ-Wählende) sind zugleich jene, die sich von Fremden mehr bedroht fühlen als Leute mit mehr Bildung (bei den Grünen, den Liberalen oder in der bürgerlichen Volkspartei). Menschen mit weniger Bildung entwickeln einen "defensiven Rassismus" (Schneider/King 1991). Auch diese Leute hat die FPÖ angezogen.

Beide Entwicklungen schaukeln sich hoch. Einem Modernisierungsverlierer kann man wahlwerbend leicht einreden, daß die Fremden im Land ihnen Arbeit und Wohnung und Heimat wegnehmen werden.

Darüber läßt sich aufgeklärt klagen. Die FPÖ und ihr Führer können eines billigen Populismus geziehen werden. Doch wird es künftig nur zwei Wege geben: Entweder setzt sich die derzeitige Entwicklung auch in Österreich nahtlos fort und der Wunsch nach dem Führer wächst weiter, oder es werden dieser Entwicklung die Grundlagen entzogen. Das geht nur durch Politik und Bildung.

Die erforderliche Politik muß durch eine Balance zwischen Wirtschafts- und Sozialpolitik spürbar bewirken, daß es nicht zur befürchteten Zweiteilung von Verlierern und Gewinnern der Modernisierung kommt. Erneuerte Bildung wird in den Menschen die Tauglichkeit schaffen, den Herausforderungen einer politisch klug gestalteten Übergangszeit gewachsen zu sein.

Nicht Haider also entscheidet, wie das Land morgen aussehen wird, sondern Bildung und eine wirtschaftlich leistungsfähige und sozial gerechte Politik. Es wird zu wenig sein, Haider zu dämonisieren. Er ist Symptom, nicht Ursache.

Und die Kirchen werden sich stärker in die gesellschaftspolitische Bildung einbringen müssen. Spirituell wegzudriften schadet dem Land.

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