Priester für Menschen unterwegs

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Zumindest in den Touristenzentren bietet die katholische Kirche Pastoral für die Reisenden an. Der Wiener Touristenseelsorger Joe Farrugia ist für "fahrendes Volk" im umfassenden Sinn zuständig; sein Aufgabengebiet schließt auch die Pastoral von Schaustellern ein.

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Zumindest in den Touristenzentren bietet die katholische Kirche Pastoral für die Reisenden an. Der Wiener Touristenseelsorger Joe Farrugia ist für "fahrendes Volk" im umfassenden Sinn zuständig; sein Aufgabengebiet schließt auch die Pastoral von Schaustellern ein.

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Es ist schön, wenn du in einem Land bist dessen Sprache du nicht kennst, in eine Kirche zu gehen und plötzlich in deiner Muttersprache begrüßt zu werden", weiß der 51-jährige Joe Farrugia, Touristen- und Schaustellerseelsorger. Nach Wien ist der gebürtige Malteser vor 30 Jahren gekommen und hat sich in die Stadt verliebt: "Für mich ist es wichtig, den Touristen zu zeigen, dass Wien nicht nur aus Schönbrunn und Lipizzanern besteht, sondern, dass hier auch Menschen leben."

In der Wiener Votivkirche feiert Farrugia jeden Sonntag eine mehrsprachige Messe, bei der jede Lesung in einer anderen Sprache gelesen wird. Er selbst spricht außer seiner Muttersprache Maltesisch und Deutsch noch Englisch, Spanisch, Italienisch, Französisch, Portugiesisch, Holländisch und Ungarisch. Nach dem Gottesdienst gibt es ein "Pfarrcafe" bei dem sich oft Gespräche entwickeln.

... nach Religion riecht "Die Neugierigsten sind die Amerikaner", erzählt Farrugia. "Sie wollen wissen, wer die Renovierungsarbeiten der Kirchen in Wien finanziert, oder warum die Wiener so selten in die Kirche gehen." Es gibt Touristen die in Wien getraut werden wollen. Andere wünschen ein Gespräch mit einem Pfarrer, um ein Problem, das sie von zu Hause mitgenommen haben, zu lösen. "Hotels und Reisebüros haben meine Nummer; bei jeder Frage der Touristen, die ,nach Religion' riecht, geben sie die Nummer weiter."

Tourismuspastoral wurde von Papst Paul VI. nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil auch weltkirchlich organisiert. Es gibt einen eigenen Päpstlichen Rat für die "Menschen unterwegs", der gleichzeitig auch für die Seelsorge an Migranten zuständig ist. "In Österreich gibt es in Wien das Angebot mehrsprachiger Messen und lnformationsbroschüren", so Farrugia.

Vor 15 Jahren hat er begonnen, Menschen, die unterwegs sind zu betreuen. Die Touristen sind nur eine Gruppe davon. Ein anderer Teil ist das Flughafenpersonal und die Flugzeugpassagiere. Jeden Sonntag wird am Flughafen Wien-Schwechat eine Eucharistiefeier angeboten. "Die persönlichen Gespräche nach der Messe überlasse ich dort meinen Helfern", so der Priester und meint damit die beiden Pastoralassistenten. Mit ihnen und einer Sekretärin bewältigt Farrugia seine vielfältigen Aufgaben.

Auch für seelsorgliche Betreuung der Mannschaften der Donauschiffe, die in Wien anlegen, und für die Zirkusartisten ist das Team von Farrugia zuständig. Und: "Es gibt auch Donaukreuzfahrtschiffe; falls die Passagiere einen Gottesdienst auf dem Schiff feiern wollen, werden wir vom Kapitän verständigt." Bei den Artisten ist die Situation anders: Die meisten Zirkusse sind in Deutschland ansässig und haben einen ständigen Seelsorger, der Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz ist. Dennoch wird gelegentlich auch beim Aufenthalt eines Zirkusses in Wien ein Priester gebraucht. "Wir konzentrieren unsere Arbeit aber auf die Betreuung der Schausteller, also auf die Leute, die auf Jahrmärkten oder im Prater mit Schießbuden oder Karussell ihr Brot verdienen."

Schießbudenpfarrer Zu Anfang und Ende der Saison gibt es ökumenische Gottesdienste. Die Schausteller sind in den letzten Jahren weniger geworden und mehrere von ihnen sind aus der Kirche ausgetreten. Dennoch - so die Erfahrung Farrugias, wird der Seelsorger für persönliche Gespräche aufgesucht. Mit manchen seiner Gesprächspartner entwickelt er dauernde Bekanntschaften. "Die Leute, die mich einladen sind nicht unbedingt katholisch", erzählt Farrugia. "Manche haben mit Religion oder Kirche gar nichts am Hut. Diese Kontakte bauen auf persönliche Sympathie."

Durch diese Pastoral versucht der Priester nicht, seine "Schützlinge" in ein vorgefertigtes Schema zu pressen, sondern er versucht, sie in ihrer besonderen beruflichen Situation wahrzunehmen: "Diese Leute haben keinen geregelten Arbeitstag und gehen nicht nach der Arbeit nach Hause zu ihrer Familie. Sie sind viel unterwegs, arbeiten in Schichten und saisonweise."

Joe Farrugia ist gerne unter Menschen. Er wartet nicht auf Erfolgserlebnisse oder Anerkennung. Nach einem anstrengenden Tag hat er nur den Trost seine Aufgabe getan zu haben. "Ich glaube, dass ich mit meiner Arbeit die christliche Botschaft den Menschen etwas näher bringen kann".

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