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Digital In Arbeit

Priester und Laie

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Kollegiale Verantwortung

Das Thema ist schon bis zum Überdruß abgehandelt worden. Trotzdem bitte ich Sie, heute einmal einem Priester zu diesem Thema zuzuhören. Ich möchte diesmal ganz einseitig, eben von der Seite des Priesters, diese Thema betrachten.

Was uns verbindet

Es ist sehr viel, was wir gemeinsam haben und gemeinsam tun. Beide, Priester und Laie, sind Getaufte, Geflrmte, sind zum Tisch des Wortes und des Brotes geladen. Wenn Christentum Einladung ist, dann sind sie beide Eingeladene, von Gott Eingeladene zur Teilnahme an Seinem ewigen Leben, Seiner Liebe, Seiner Freude. Das ist ungeheuer viel. Was uns trennt, ist im Vergleich zu dieser Einladung klein und wenig.

Bei der Ausrichtung der Welt auf Christus, in der Arbeit, im weltlichen Raum sind Priester und Laien weithin Kollegen. Man kann den kirchlichen Raum nicht als Raum des Priesters, den weltlichen Raum natürlich nicht als Raum des Laien bezeichnen. Obwohl es im weltlichen Raum viele Aufgaben gibt, für die in erster Linie die Laien zuständig sind. Aber auch Priester machen Zeitungen, Bücher, Zeitschriften, arbeiten mit in Fernsehen, Rundfunk, beim Film, in der Information. Priester verwalten Kassen, Güter, Kindergärten, machen Sozialarbeit, sind Professoren für Sprachen, Germanistik, Mathematik, Physik usw. Sollte man Priester, wenn sie Fachleute sind, aus diesen Bereichen herausnehmen, deshalb, weil sie Priester sind? Sollten wir nicht vielmehr darauf aus sein, Laien zu Priestern zu weihen, damit sie nebenberuflich Priesteraufgaben erfüllen können.

Es gibt in der Kirche nicht sehr viele Aufgaben, die nur Priester erfüllen können: Vorsitz in der Liturgiegemeinde, Spendung der Sakramente der Buße, der Krankensalbung, der Firmung, im Normalfall der Taufe. Sehr dringend werden Priester gebraucht an Krankenbetten, in Spitälern und Kliniken. Priester sind im allgemeinen Leiter der Gemeinden. (Ich möchte hier gerne eine Klammer machen und in die Klammer einige Fragen setzen, die Priester heute bewegen: Wenn immer mehr Aufgaben in der Kirche von Laien übernommen werden, welche Rolle soll dann der Priester spielen? Ist es noch lockend, hauptamtlich Priester zu werden? Wird der Priester bloß mehr „Messeleser“ sein? Wäre es nicht klüger, einen anderen hauptamtlichen Beruf zu ergreifen und nebenamtlich Priester zu werden? Sie verstehen, daß das „Rollenverständnis“ des Priesters und damit die „Berufswahl“ schwieriger wird.)

Überlegen wir dazu noch, was Paulus den Galatern geschrieben hat (Gal. 3, 2—29). „Da ihr hineingetauft seid in Christus, habt ihr Christus angezogen, da gilt nicht mehr Jude oder Grieche, nicht Sklave oder Freier, nicht Mann oder Frau.“ Wir können wohl mit Recht fortsetzen: nicht Priester oder Laie, Machen wir endlich ernst: Geben wir alle Grenzen auf. Begegnen wir uns wie Kollegen, wie Brüder. Wir müßten das Wort „Laie“ wirklich abschaffen. Wir sollten es nicht mehr gebrauchen, weil es zu sehr einen Abstand, eine Grenze, etwas Trennendes ausdrückt. Wir sollten uns einfach Christen nennen.

Unerwünschte Isolierung

Als Priester möchte ich jetzt einige ganz konkrete Wünsche, die wir Priester haben, äußern: Zunächst für unser persönliches privates menschliches Leben: Es gibt immer noch eine von uns Priestern ungewollte Isolierung. Eine gewisse Isolierung bringt der Beruf mit sich. Der Priester steht isoliert auf der Kanzel, sitzt auf der Priesterbank, stehlt allein vor dem Altar. Das läßt sich wahrscheinlich nicht ändern. Auch die Kleidung isoliert im gewissen Sinn. Ist das nun eigentlich notwendig? Als die Priesterkleidung eingeführt wurde, so lesen wir, hat sich der damalige Papst Cölestin (425) gegen eine eigene Priesterklei dung gewehrt, weil er der Meinung war, die Priester sollten sich in nichts von den anderen Christen unterscheiden. Wenn also heute ein Priester mit Krawatte geht, sollte man das nicht als Feigheit auslegen. Vielleicht will er nur zeigen, daß er Bruder aller Christen sein will, daß er nicht isoliert, gekennzeichnet, ausgezeichnet sein will. Holen Sie die Priester hinein in die Gesellschaft, in Konzerte, Theater, zu Ausflügen, in Ihre Familien, in Unterhaltungsrunden usw.

Einige Wünsche für den „Dienst“

Wlir sprechen hier nicht von jenen Gebieten, in denen Laien allein zuständig sind, sondern wir sprechen hier von Aufgaben innerhalb der Gemeinde Jesu. Und hier haben wir Priester die große Bitte: Übernehmen Sie mit uns eine wirkliche Sorge, eine wirkliche Verantwortung. Es mag sein, daß mancher Priester im Laien einen Konkurrenten sieht. Hunderte Priester aber warten auf ein kollegiales Mitträgen der Verantwortung:

Laien müssen Aktivitäten starten, die zum Beispiel Arbeitern, Bauern, Akademikern und anderen Gruppen in ihren speziellen Sorgen und Anliegen helfen. Dringend notwendig wäre ein Ausbau der Erwachsenenkatechese auf breiter Ebene. Außerdem müssen Eltern in den Stand gesetzt werden, daß sie Glaubensboten ihrer Kinder sein können. Innerhalb der Pfarre braucht es eine echte

Sorge, um dtte Alten, Kranken, Hilflosen, Ausgestoßenien. Die Bildungs- arbei't, die im Gange ist, eröffnet ein wahrhaftig unabsehbares Feld für Laien. Erwachsene sollten in der lebendigen Gestaltung dier Liturgie immer mehr mitdenken, mitberaten und mitgestalten. Eine echte Sorge für dile Jugend um Fübrennach- wuahs, um Räume für Jugendarbeit uisw. kann nicht allein Sache des Kaplans sein.

Für viele dieser Aufgaben wird es Gremien brauchen, Pfarrgemeinde- rat, Pfarrausschuß, Pfarrkirchenrat, Ad-hoc-Kreise. Die Mitglieder dieser Gremien müßten natürlich demokratisch gewählt werden. Aber diese neuen Strukturen, so notwendig sie sind, bleiben leeres Gehäuse, wenn nicht Laien ernstlich Verantwortung für die oben genannten Aufgaben übernehmen.

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