Juni ist der Monat der Priesterweihen in den katholischen Bischofskirchen. Was wird den Weg der Neupriester in ihrem neuen Amt bestimmen und beeinflussen? Weiterhin wohl das, was kirchlich gerne als "Säkularisierung" wahrgenommen wird, in Wahrheit aber vor allem die Erfahrung des Verlustes an Einfluss auf die Menschen als über lange Zeit die Gesellschaft durchaus mitbestimmende Institution ist. Genauso wie man gerne von "Verweltlichung" spricht, tatsächlich aber eher mit einem neuen Pluralismus zurande kommen muss. Jedenfalls aber steht der Priester viel mehr im freien Feld, hat um Vertrauen zu werben, sich auf Diskurse einzulassen und bisweilen riskante Brücken zwischen der ihm anvertrauten Überlieferung und dem Daseins- und Weltverständnis der ihm anvertrauten Menschen zu schlagen. Das alles macht diesen Beruf interessant und erfüllend. Man muss nur darauf gefasst und vorbereitet sein. Sich weniger auf eine vorweg gegebene gesellschaftliche Autorität des Amtes und der Institution, in deren Auftrag man steht, verlassen und dafür an einer tragenden und mitteilbaren Gottverbundenheit arbeiten, die von den Mitmenschen mehr denn je gesucht wird. Wohin aber wird sich auch die Kirche entwickeln? Wird sie sich aus der gesellschaftlichen "Fläche" zurückziehen und ihren Auftrag von großen geistlichen Zentren aus zu erfüllen versuchen?
Dann müssen sich die Priester der Übergangsphase auf immer größere Pfarrgebiete einstellen, in denen sie immer mehr zu "Koordinatoren" einerseits und zu Adhoc-Sakramentenspendern andererseits werden. Oder wird es eine Offensive für eine Präsenz an der gesellschaftlichen Basis in möglichst menschennahen Gemeinden geben, die sich zusammen mit dem Priester als Weggefährten der Menschen ihres Pfarrgebietes sehen?
Man wird die Frage nicht mehr lange offen lassen können und nur Priester weihen wie bisher.
Der Autor ist Pfarrer in Probstdorf und Universitätsseelsorger.
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